Königsberger Denkmäler und Skulpturen in Kaliningrad – Teil 2

Königsberger Denkmäler und Skulpturen in Kaliningrad – Teil 2

Kaliningrad ist eine moderne Stadt. Im Rahmen der Entwicklung des Tourismus wird durch die Kaliningrader Regierung immer mehr Wert auf die historische Vergangenheit der Stadt und des Gebietes gelegt. Zur historischen Vergangenheit gehören auch altdeutsche Denkmäler und Skulpturen, die den Krieg und die Nachkriegswirren überdauert haben und heute noch im Stadtbild präsent sind.  In einer neuen siebenteiligen Serie zeigt ein historisch interessierter Deutscher Königsberger Denkmäler und ihr Schicksal im heutigen Kaliningrad.

In unserer ersten Folge der Reihe über Reminiszenz deutscher Plastik in Kaliningrad, beginnen wir mit dem Denkmal für einen Mann, der bis heute Königsberger und Kaliningrader auf magische Weise verbindet und der einst über die Metropole am Pregel gesagt hat:

Die Rede ist von Immanuel Kant, der, geboren 1724 (im gleichen Jahr entstand auch durch Zusammenlegung der drei Teilstädte die Stadt Königsberg) bis 1804 in der Stadt am Pregel gelebt hat und Ostpreußen nie, und die Stadt ganz selten verlassen hat. Er steht wie kaum ein anderer als Symbol für die Stadt.

Dass Kant auf dem Original Sockel fast an der gleichen Stelle wie vor dem Kriege thront ist nicht selbstverständlich. Der Weg des Philosophen in die Herzen der Kaliningrader war kein leichter. Neben einer nachvollziehbaren Antipathie, nach den Ereignissen des Zweiten Weltkriegs den Deutschen gegenüber, wurde in den ersten Jahrzehnten nach Kriegsende auch die architektonische Geschichte Königsbergs mehr oder weniger ausgelöscht. Bauwerke wurden abgerissen oder einfach ihrem Schicksal und dem damit einhergehenden Verfall überlassen. Das Schloss wurde gesprengt und abgetragen. Am 22. April wurde Lenin gedacht, aber es waren so gut wie keine Blumen am Kenotaph von Kant. Heute wird gerne gesagt, dass das Kant- Mausoleum (auf dem Kneiphof, der heutigen Dominsel) den Dom vor dem Abriss rettete. Dennoch wäre das Kant-Grab um ein Haar geschleift worden und der Dom gleich mit. Er galt zwar nicht als der „gute Deutsche“ dennoch ging er, als Vorläufer Hegels, der wiederum als Vorläufer von Karl Marx angesehen wurde, bei den Sowjets gerade noch so durch. Doch weil der Kommunismus Kant zum „fortschrittlichen“  Philosophen erklärte und somit anerkannt hat mag es tatsächlich so sein, dass er die Demontage posthum verhindert hat. Mitte der Siebziger Jahre, zum 250. Geburtstag des Philosophen, wurde erstmals Wohlwollen aus Moskau gezeigt. Mit zunehmendem Abflauen der Eiszeit zwischen Ost und West konnte auch Kant wieder eine bedeutendere Rolle spielen; dies in Kaliningrad naturgemäß mehr als in der übrigen Sowjetunion. Mittlerweile erscheinen in Kaliningrad Kant-Jahrbücher und Forscher aus aller Welt reisen zu Konferenzen an, es gibt die Kant Universität, ein Kant-Museum und die stillen Zeitzeugen, die an den großen Denker erinnern, sind angesagte Fotomotive, werden frequentiert, instand gehalten und sind salonfähig.

Es hat auch in Preußen lange gedauert ehe man einem der größten deutschen Denker in seiner Heimatstadt ein Denkmal zur Aufstellung brachte. 60 Jahre nach seinem Tode, im Oktober des Jahres 1864 wurde unweit seines letzten Hauses nahe des Schlosses eine, von Christian Daniel  Rauch modulierte und unter Aufsicht von August Kiß in Berlin geschaffene, lebensgroße Statue aufgestellt. Trotz aller Aufrufe und Sammlungen waren die Kosten lange Zeit nicht gedeckt, ehe die Ehrenpflicht erfüllt werden konnte. Das Bronzedenkmal war imponierend und zeigte Kant in langem Mantel mit aufgehobenen Arme darstellend, sprechend auf einem roten Granitsockel vor einer Pergola mit Rundbögen. Anno 1885 musste es dem Verkehr weichen und wurde vor der, Mitte des 19 Jahrhunderts gebauten neuen Universität am Paradeplatz, unweit des Reiterstandbildes von Friedrich Wilhelm III.  neu errichtet.

Der Paradeplatz oder Königsgarten existiert heute nicht mehr, es ist aber im Großen und Ganzen das Areal zwischen der Kaliningrader Universität, die auf dem Fundament der Albertina wiederaufgebaut wurde und dem heutigen Hotel Kaliningrad in der Nähe des Lasch Bunkers. Dieser Standort war damals umstritten, weil Kant zwar Rektor an der Albertina Universität war, jedoch im alten Gebäude auf der Dominsel und zum neuen Gebäude hatte er überhaupt keine Beziehung. Doch im Nachhinein erachtete man es schon als die richtige Lokalität, wo er doch täglich von hunderten Studenten passiert wurde. Dort stand er dann etwas bescheiden an der Seite, denn Friedrich Wilhelm´s Standbild nahm die Mitte des Platzes ein.

Sicher ist, dass die Statue ohne den Sockel, nach den Fliegerangriffen der Alliierten im Park des Dönhoff-Schlosses Friedrichstein, 20 km östlich im Pregeltal (heute: Kamenka) in Sicherheit gebracht wurde. Danach verliert sich die Spur. Oberst Awenir Owsjanow, langjähriger Fahnder nach Kunst- und Kulturschätzen im Kaliningrader Gebiet, besitzt eine Skizze der Gräfin mit dem angeblichen Standort. Trotz mehrmaliger Suche wurde jedoch nichts gefunden. Ob das Kant-Denkmal tatsächlich bis Kriegsende in Friedrichstein verblieb darf angezweifelt werden, denn die Gräfin selber war seit Oktober 1944 nicht mehr dort, sondern als Verwalterin der Familienstiftung in Quittainen, im heutigen Polen. Im Archiv des Museums Stadt Königsberg in Duisburg befindet sich ein Bericht des Schlossbaurats Hans Gerlach mit dem Wortlaut:

„Die Denkmäler Friedrichs I. und Kants waren nach vorübergehender Aufstellung im Park von Schloss Friedrichstein auf Anordnung von Koch (Gauleiter Ostpreußen) im Fort Quednau in Sicherheit gebracht worden. Was dort weiter aus ihnen geworden ist, entzieht sich meiner Kenntnis."  

Möglicherweise hat Gräfin Dönhoff den Abtransport aus dem Schlosspark nicht mehr mitbekommen. Es gibt keinen Grund an der von Gerlach und anderen Beteiligten bezeugten Auslagerung zu zweifeln. Das Schloss selber wurde im Januar 1945 von der Roten Armee in Brand gesetzt und 1957 größtenteils abgetragen.  Sergej Trifonov Historiker in Kaliningrad, will nun nach fünfjährigen geologischen Forschungen unter dem Führungsbunker des General Lasch ein geheimes Lager entdeckt haben das deutlich Umrisse einer Skulptur in der Erde zeigt. Es wird interessant sein, die weiteren Entwicklungen zu verfolgen.

Tatsache ist:  das Denkmal blieb bis heute verschwunden. Der Sockel diente zwischenzeitlich Ernst Thälmann als Unterbau, ehe auch er irgendwo verschwand. In den 80ern fand sich in der Gipsformerei eines Museums in Berlin eine Statuette der Büste von Kant, die Rauch als Vorlage für das große Original angefertigt hatte. Die Gräfin Dönhoff ließ davon einen Bronzeabguss machen und schenkte ihn der Stadt Kaliningrad/Königsberg; diese steht heute im Kant Museum im Dom. Am Denkmal Friedrichs des Großen in der Straße Unter den Linden war Kant als Nebenfigur von Rauch in der gleichen Weise wie in Königsberg dargestellt. Mit dieser Vorlage wurde eine Replik in der ursprünglichen Größe angefertigt. Als sich im Jahre 1990 der originale Sockel aus dunkelrotem Granit in einem Schuppen wiederfand, kam eins zum anderen. Die vom Berliner Bildhauer Harald Haacke geschaffene, bei Noack in Berlin gegossene Nachbildung kam nach Kaliningrad und steht heute wieder fast an der gleichen Stelle vor der Universität und wie früher gehen hunderte von Studenten jeden Tag an ihm vorbei.

Zum hundertsten Todestag von Kant, am 12. Februar 1904 wurde eine bronzene, von dem bekannten Königsberger Kunsthistoriker und Architekten Friedrich Lahrs entworfene Gedenktafel an der Westseite des Schlosses der Öffentlichkeit übergeben. Sie enthielt einen Satz aus seiner Abhandlung über die Kritik der praktischen Vernunft (siehe Foto). Im Jahre 1994 wurde eine zweisprachige Kopie an den südwestlichen  Resten der Grundmauer des Schlosses angebracht.

Durch stetig wachsende Studentenzahlen an der „Albertina“, der Königlichen Albertus-Universität zu Königsberg, musste die im Jahre 1544 neben dem Dom errichtete alte Universität in das damals neue Gebäude am Paradeplatz umziehen. Grundsteinlegung war 1844, die Einweihungsfeier in Gegenwart von Kronprinz Friedrich 1862. Die im Kriege stark zerstörte Universität wurde auf den alten Fundamenten wieder aufgebaut, 1948 ein Pädagogisches Institut eröffnet, 1967 erwuchs daraus die Kaliningrader Staatliche Universität und eine Tafel, anlässlich der 750 Jahrfeier der Stadt von Putin und Schröder enthüllt, erinnert daran, dass sie heute den Namen Immanuel Kants trägt. Von seinem Sockel aus kann er genau auf den Eingang schauen und wer das Unigebäude hierdurch betritt, erblickt schon nach wenigen Stufen einen interessanten, von Mauern umschlossenen Innenhof. Hier steht unter anderem ein Denkmal, eine Skulptur in rotem Granit von Walther von der Vogelweide, dem bedeutendsten deutschen Lyriker und Meistersinger. Geschaffen wurde das Werk von Georg Fuhg. Er war Schüler von Hermann Brachert an der Kunst- und Gewerkschule in Königsberg, ehe er ab 1927 als freier Künstler Portraits und Plastiken schuf, die an vielen öffentlichen Gebäuden und  Plätzen zu sehen waren. Die Statue stand lange Zeit wie verloren auf der Insel in der Nähe des Doms wurde dann aber, nachdem sie Vandalismus ausgesetzt war, zur Restaurierung in die Universität gebracht und ist schlussendlich dort verblieben.

Von Fuhg ist noch eine weitere Plastik erhalten und zwar am ehemaligen Restaurant „Zum Hirschen. Es befand sich östlich vom Litauer Wall an der Tapiauerstrasse, heute Moskowskij Prospekt 166, eine Minute zu Fuß vom Sackheimer Tor. Jahrhundertelang schloss eine Baumstammsperre an der Stelle wo der Litauer Wall auf den Pregel traf den Fluss. Im Zuge der Umwallung der Stadt, wurden an den Schnittstellen, beim Eintritt des Pregels in die Stadt (Litauer Baum) und beim Austritt (Holländer Baum), ähnlich einem Stadttor, die Grenzen geschlossen. Der Baumwächter hatte die Wasserzufahrt aus Osten abends zu schließen und morgens zu öffnen. Tagsüber wurden die Schiffer, welche Waren (hauptsächlich Holz) nach Königsberg brachten, ähnlich wie heute, inspiziert und abgefertigt. Nachts war eine Kontrolle schwer möglich und es wurde so viel Holz im Schwarzhandel eingeführt, dass Friedrich  Wilhelm I. sich 1720  dazu entschied, den bis dahin in Labiau (heute Polessk) erhobenen Zoll von den Binnenschiffern, zwecks besserer Überwachung an den Litauer Baum zu verlegen. Verständlicherweise witterten Geschäftsleute hierin ein Geschäft, weil die nachts ankommenden Flößer, denen der Zutritt zur Stadt verschlossen war, eine Vergnügungs- und Übernachtungsmöglichkeit brauchten. Aus diesem Grund entstanden an beiden Enden der Stadt vor den „Bäumen“ reichlich Herbergen, Restaurants und andere Etablissements. Eines der ältesten davon, heute ein Wohn- und Geschäftshaus, das ehemalige „Zum Hirschen“ überstand den schrecklichen Krieg, und der Hirsch, der immer noch das Gebäude ziert.

Ein Kleinod befindet sich in der ehemaligen Selkestraße, der heutigen Maliy  Pereulok 17. Unweit der Kaiserbrücke  (heute Jubiläumsbrücke) eine Minute zu Fuß in Richtung Hauptbahnhof. Von den meisten unbeachtet befindet sich dort am Eingangsportal des ehemaligen Fernsprechamtes „Pregel“ ein, aus Stein ausgehauenes Relief, das die Verbindung der Menschen durch den Fernsprecher darstellen soll.  Geschaffen wurde es von Threyne, Franz Andreas, Lehrer an der Kunst-und Gewerkschule in Königsberg. Mühlpfordt nennt insgesamt 27 Arbeiten von ihm in Königsberg, bestens erhalten ist diese.

 

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