Königsberger Denkmäler und Skulpturen in Kaliningrad – Teil 3

Kaliningrad ist eine moderne Stadt. Im Rahmen der Entwicklung des Tourismus wird durch die Kaliningrader Regierung immer mehr Wert auf die historische Vergangenheit der Stadt und des Gebietes gelegt. Zur historischen Vergangenheit gehören auch altdeutsche Denkmäler und Skulpturen, die den Krieg und die Nachkriegswirren überdauert haben und heute noch im Stadtbild präsent sind. In einer neuen siebenteiligen Serie zeigt ein historisch interessierter Deutscher Königsberger Denkmäler und ihr Schicksal im heutigen Kaliningrad.
Nach jahrzehntelangem Dahinsiechen, einhergehend mit allmählichem Verfall dachte ich schon meine Tage seien gezählt. Mein Anblick erfreute so richtig keinen mehr, diejenigen wenigen die mich besuchten, traten mich mit Füssen, benutzten mich als Sitzbank oder als Mülleimer. Meine Heimstatt war der Hinterhof des Hafenkrankenhauses, der ehemaligen Chirurgie in der Wagnerstraße. Es ist dieselbe Straße, die vom Schlosse kommend (oder als Orientierung vom heutigen Hotel Kaliningrad/Einkaufzentrum Plaza) in Richtung der ehemaligen Sternwarte Richtung Westen führt. Früher hatte sie den Namen Totenstraße (für viele Königsberger war dies der letzte Gang). Im Mai des Jahres 1888 wurden einige Direktoren der Uni-Kliniken beim Magistrat dahin vorstellig, dass es wohl ein Unding wäre, wenn eine inmitten von Heilanstalten gelegene Straße Totenstraße hieße und wurde daraufhin nach dem Chirurgen Karl Ernst Albrecht Wagner benannt; die Nazis nannten sie kurzzeitig Richard-Wagnerstr. Bis heute trägt sie den Namen Ulitza Wagnera.



Und nun will ich mich endlich vorstellen – das bin ich in meiner vollen Schönheit zu Königsberger Zeiten.
Als Vertreter meiner Gattung, bedingt durch unsere gegebene Trägheit bin ich eigentlich gar nicht dazu auserkoren den Standort oft zu wechseln. Trotzdem nennen mich manche Russen heute zärtlich mit dem russischen Wort Puteschestvennik was so viel bedeutet wie Reisender, obwohl die meisten mich nur „Putti“ rufen oder „Fontan Putti“; dies wohl deshalb, weil meine ursprüngliche Bezeichnung „Puttenbrunnen“ für russische Zungen und Ohren ungewohnt ist. Das Wort kommt vom italienischen „putti“ was so viel bedeutet wie Knabe oder Knirps. Wahrscheinlich hat mein Schöpfer, der in Kreuznach geborene Wahlkönigsberger Stanislaus Cauer während seiner Studienjahre in Rom die Anregung für die Schaffung meiner Wenigkeit geholt.
Mein Dasein begann sehr verheißungsvoll. Schon wenige Jahre nachdem ich das Licht der Welt in Königsberg erblickte hatte (1908) wurde ich zu einer internationalen Springbrunnenmesse nach Posen geschickt. Nachdem ich dort den ersten Preis gewann, wollten die dortigen Stadtherren mich gleich dabehalten, mein Erbauer entschied sich jedoch dagegen und schenkte mich, sein preisgekröntes Kunstwerk, der Stadt Königsberg, wo er ja Professor und Leiter der Bildhauerklasse an der Kunstakademie war und die ja auch meine Geburtsstadt darstellte. Meine unbeschwerte Jugendzeit verbrachte ich danach an einem sehr feinen Platz am Westende des Schlosses Ecke Steindamm Poststraße, etwa vor dem heutigen Einkaufzentrum Plaza. In den dreißiger Jahren musste ich dem zunehmenden Verkehr weichen und mein nächster Standort war noch exclusiver: direkt neben der Hauptwache, dem Eingang an der Ostseite des Schlosses.

Die mächtigen Gemäuer der alten Ordensburg waren es dann wohl auch, die mir das Leben retteten. Nachdem sich der Rauch des Zweiten Weltkriegs verzogen hatte, war um mich herum alles zerstört aber ich stand immer noch neben den Trümmern. Zum Glück hat mein Erbauer dies nicht mehr miterlebt, denn er verstarb am 8. März 1943 in seinem geliebten Königsberg.
Irgendwann in den Jahren danach muss ich dann meinen traurigen Weg an die anfänglich geschilderte trostlose Stätte hinter der Chirurgie angetreten haben.




Aufgetaucht sind auch wieder zwei verschollen geglaubte Werke von Cauer:
Das Hochrelief „Genius“, ein kauerndes Mädchen, geschaffen aus Marmor vor 1912. Ursprünglich angebracht am Treppenaufgang der Königsberger Universität, sowie die Figur Mutter und Kind in bemaltem Gips von 1919. Erstere ist in der Kunstgallerie (Moskovskij Prospekt 60/62) und Zweitere im Innenhof der Universität zu sehen.

In der Ausstellungshalle des Packhauses, ein Teilmuseum des ganzen Ozeanmuseums ist im Obergeschoss ein „Rückkehrer“ zu bewundern. Es handelt sich um die lebensgrosse, 1939/41 aus Sand- Kunststein geformte „Katzenliesel“ . Es ist ein Werk des, 1885 in Gumbinnen geborenen und bis 1945 in Königsberg arbeitetenden Arthur STEINER, dessen Werke ihren Weg bis zu Kaiser Wilhelm II. fanden und dessen Tierplastiken bereits 1930 in einer Ausstellung zu bewundern waren. Seine Werke waren in vielen Städten Ostpreussens zu bewundern und auch nach seiner Flucht hat er besonders in Erfurt noch viel geschaffen. Cauer schätzte ihn so hoch, daß er ihm bei seinem Tode sein gesamtes Werkzeug und seinen Marmor vermachte. Die „Katzenliesel“ wurde von seiner Enkelin vor nicht allzulanger Zeit dem Ozeanmuseum vermacht.
Sein zweites Werk welches noch in Kaliningrad zu bewundern ist, steht heute im Zoo. Es ist ein lebensgroßer Orang-Utan, roter Porphyr aus dem Jahre 1930 . Rechts vom Eingang des Packhauses ist noch eine interessante „Hausmarke“ von einem Speicher am Hundegatt angebracht. Bei einem Besuch in unserer Stadt, sollten Sie einen Besuch im Ozeanmuseum unbedingt einplanen.

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