Fast alle Russen sind Immobilienbesitzer. Fast keiner hat eine Versicherung.

Anfang der 90er Jahre begann in Russland die Privatisierungswelle von Immobilien. Jeder, der Interesse hatte, konnte die von ihm bewohnte staatliche Wohnung privatisieren. Gegen eine geringe Bearbeitungsgebühr wurde man so über Nacht Eigentümer einer Wohnung.
Aber es gibt eine ganze Reihe von Problemen, auf die man damals nicht geachtet hatte – damals war es wichtig, sich möglichst schnell von den Plattenbauten zu trennen und die Verantwortung für den Erhalt der Immobilien somit in die Privatsphäre zu verlagern.
Die Aufgabe hat man aber nicht vollständig erfüllt, denn die Gemeinschaftsräumlichkeiten wie Treppenhaus, Lift, Keller, Dach, Fassade wurden nicht privatisiert und Geld für den Erhalt war keins vorhanden. Und die Bewohner interessierte das Gemeinschaftseigentum nicht, so lange es nicht irgendwelche direkten Auswirkungen auf die eigene Wohnung hatte.
Nach vielen Jahren der kontroversen Diskussion wurde dann in Russland vor wenigen Jahren endlich der Fond für Gemeinschaftseigentum gegründet – also einem ähnlichen Fond, wie er auch in Deutschland existiert und aus dem die Instandsetzung und der Unterhalt von Gemeinschaftseigentum finanziert werden. Langsam beginnt der Fond zu arbeiten und seine Möglichkeiten zu zeigen. In vielen Städten begannen die Instandsetzungen der Immobilien.
Ungelöst ist nach wie vor das Problem der Versicherung. Der Russe hat kein ausgeprägtes Versicherungsbedürfnis. Er geht prinzipiell davon aus, dass er sowieso betrogen wird und die Versicherung ihm im Schadensfall kein Geld ausbezahlt. Und so haben eben nur sehr wenige eine Immobilienversicherung – rund acht Prozent aller russischen Immobilienbesitzer. Kommt es zu einem Schaden, z.B. einem Brand, so geht der Besitzer der brennenden Wohnung leer aus und auch die benachbarten Wohnungen.
Ähnlich war es auch mit der Kfz.-Versicherung, die ebenfalls in Russland nur eine junge Tradition hat. Bis zu deren Pflichteinführung, blieb jeder selber auf seinem Schaden sitzen.
Nun soll es aber auch eine Versicherung für Immobilien geben – eine, die alle möglichen Schadensfälle abdeckt, insbesondere aber Naturkatastrophen, von denen in Russland immer mehr Bürger betroffen sind. Bisher wurden diese Betroffenen in irgendeiner Form vom Staat entschädigt, mehr oder weniger ausreichend. Das soll nun aber vorbei sein und der Besitzer soll sich selber kümmern, eine schadensdeckende Versicherung abzuschließen.
Wie die Rossiskaja Gaseta kommentiert, soll es sich um keine Pflichtversicherung handeln, sondern freiwillig sein. Wer eine derartige Versicherung abschließt, kann auf eine großzügige Schadensregulierung hoffen. Wer keine derartige Versicherung hat, wird zukünftig wohl nur einen symbolischen Hilfsbeitrag aus zentralen Töpfen erhalten.
Vorerst soll diese neue Versicherung in 14 von 85 russischen Regionen getestet werden. Kaliningrad gehört nicht zu diesen Regionen.
Verwundern tut ein wenig die geringe Summe, die diese Versicherung kosten soll. Versichert man sich nur gegen Naturkatastrophen, bezahlt man bis zu 350 Rubel im Jahr – also ungefähr soviel, wie ein Business-Lunch in der Mittagspause kostet. Versichert man auch noch Haushaltsrisiken ab, also Feuer, Rohrbruch usw. steigt die Versicherungssumme auf bis zu 2.400 Rubel im Jahr.
Es sind auch Überlegungen in Gange, die Versicherungssumme mit den zu zahlenden Steuern zu verrechnen oder auch die Beiträge zur Kapitalinstandsetzung der Immobilie zu senken.
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