Deutscher Diplomat provoziert Untersuchungen gegen Deutsch-Russisches Haus

Das Deutsch-Russische Haus in Kaliningrad ist Gegenstand von Untersuchungen zuständiger russischer Organe geworden. Es geht um die vermutliche Verletzung des Statutes der Organisation und somit zur zwangsweisen Zuerkennung des Status „Ausländischer Agent“.
Das Deutsch-Russische Haus existiert seit dem Jahre 1993 in Kaliningrad. Es ist eine Stätte vielfältiger kultureller Ereignisse und internationaler Begegnungen. Lange Zeit diente es dem Deutschen Wirtschaftskreis in Kaliningrad als monatlicher Treffpunkt zum Gedankenaustausch. Auch finden im Haus die jährlichen Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit sowie anderer Feierlichkeiten – auch mit Unterstützung des deutschen Generalkonsulats in Kaliningrad statt.
Nun vermuten zuständige russische Organe eine Verletzung der Statuten der nichtkommerziellen Einrichtung „Deutsch-Russisches Haus“. Die Kaliningrader Justizverwaltung prüft gegenwärtig, ob sich das Deutsch-russische Haus mit vermuteten politischen Aktivitäten beschäftigt.
Unser Medienpartner „rugrad.eu“ informiert darüber, dass durch das russische Justizministerium eine „sehr ernste Kontrolle“ im Deutsch-Russischen Haus stattfindet. Dies bestätigte in einem Gespräch auch der Direktor des Hauses Andrej Portnjagin.
„Es wird die ausländische Finanzierung und die politische Tätigkeit überprüft. Wir sind schon immer aus dem Ausland finanziert worden. Was jedoch die politische Tätigkeit anbelangt, so ist der Grund wohl ein unangenehmer Zwischenfall. Am 28. August fand anlässlich des Jahrestages der Deportation von Russlanddeutschen eine Gedenkveranstaltung statt. Hier trat der Vizekonsul des deutschen Generalkonsulats in Kaliningrad Daniel Lissner mit einer großen Rede, mit einer anti-russischen Rede, mit sehr viel politischem Inhalt auf.
Foto: Vizekonsul Daniel Lissner (Mitte) zur Veranstaltung "Gespräch am Kamin" im Jahre 2013
Daraufhin erhielten wir eine Kontrolle aus dem Justizministerium und man sagte uns, dass der Grund der Kontrolle eben dieser konkrete Auftritt war. An der Veranstaltung haben sehr viele Menschen teilgenommen und bei vielen hat dieser Auftritt Empörung hervorgerufen“, - erklärte der Direktor des Deutsch-Russischen Hauses Andrej Portnjagin.
Andrej Portnjagin informierte, dass seine Organisation bereits eine offizielle Mitteilung erhalten habe, dass ein Teil der Veranstaltung als „politisch“ eingestuft wurde und somit dem Statut des Hauses widerspricht. Wenn dies im Ergebnis dazu führt, dass das Deutsch-Russische Haus den Status „Ausländischer Agent“ erhält, wird dies die Arbeit wesentlich erschweren – so der Direktor des Hauses. Andrej Portnjagin hofft, dass durch diesen Zwischenfall, verursacht durch einen deutschen Diplomaten, die Reputation des Hauses nicht verloren geht.
Andrej Portnjagin informierte über die langjährige bemerkenswerte Arbeit seines Hauses und das es bisher keinerlei Probleme gab. Jetzt wird das Haus aus dem Vorgefallenen entsprechende Schlussfolgerungen ziehen. Bereits jetzt wurden einige Veranstaltungen abgesagt, die eventuell als politische Tätigkeit charakterisiert werden könnten. Das Haus möchte seine Arbeit und die Programme zum Jugendaustausch, zum Umweltschutz und zur Kultur fortsetzen. Weiterhin gibt es auch Pläne zum Bau eines Jugend-Hostels.
Der Direktor des Deutsch-Russischen Hauses informierte, dass die Arbeit des Hauses in erster Linie den Russlanddeutschen in Kaliningrad dient und dass die Arbeit durch das Innenministerium der Bundesrepublik Deutschland finanziert wird.
Vor kurzem waren Vertreter des deutschen Innenministeriums in Kaliningrad und hörten von dem Zwischenfall und dem Auftritt des deutschen Diplomaten Daniel Lissner. Sie brachten ihre Besorgnis über diese Angelegenheit zum Ausdruck. Der Auftritt des deutschen Diplomaten im Kaliningrader Deutsch-Russischen Haus bedroht nun das Förderprogramm des deutschen Innenministeriums und die Vertreter des deutschen Innenministeriums haben empfohlen, zukünftig vorsichtiger bei der Organisation von Veranstaltungen zu sein – so der Direktor des Deutsch-Russischen Hauses.
Anmerkung UN: Der deutsche Vizekonsul Daniel Lissner war im deutschen Generalkonsulat in Kaliningrad seit drei Jahren zuständig für Kultur und Pressearbeit. Bereits zur Festveranstaltung zum Tag der Deutschen Einheit zog das Generalkonsulat erste Konsequenzen aus dem Vorgefallenen. Der sonst als Moderator für derartige Veranstaltungen auftretende Daniel Lissner wurde durch den Leiter der Visaabteilung in dieser Funktion ersetzt.
Mit aller gebotenen Zurückhaltung hatte unsere Informationsagentur im Informationsbeitrag versucht, die entstandene Situation möglichst allgemein zu charakterisieren. Wie wir in unserem Beitrag zu dieser Veranstaltung auch andeuteten, war der Besuch durch russische öffentliche Vertreter, insbesondere des Vertreters des russischen Außenministeriums, unterkühlt.
Als deutschsprachige Informationsagentur in Kaliningrad hielten wir Kontakt zu Herrn Daniel Lissner. Leider zeigt sich die Bereitschaft des deutschen Generalkonsulats zur Ausgestaltung einer beiderseits interessanten Zusammenarbeit als sehr eingeschränkt.
Vizekonsul Daniel Lissner hat auch regelmäßig am wöchentlich stattfindenden „Trefftisch Deutschsprachiger in Kaliningrad“ teilgenommen. Seit Anfang des Jahres 2014 änderte sich die durch unsere Informationsagentur bis dato wahrgenommene Qualität der Gesprächsinhalte mit dem deutschen Diplomaten – was gerade in der gegenwärtigen Zeit als bedauerlich bezeichnet werden muss.
Der deutsche Diplomat Daniel Lissner hat Kaliningrad am vergangenen Sonntag vorfristig verlassen. Uns vorliegende Informationen besagen, dass er nach Kiew versetzt wurde. Dort wird es vermutlich weniger Unmut erregen, wenn er seine Rede aus Kaliningrad wiederholt.
Reklame

Kommentare ( 1 )
Jenenser
Veröffentlicht: 13. November 2014 13:29 pmEin deutscher Staatschef bezeichnete einmal Leistungssportler als „Diplomaten im Trainingsanzug“. Wie soll es auch anders sein. Schließlich finanziert das Land, der Staat mit seinen obersten Behörden zu einem großen Teil neben dem Sport auch kulturelle Ereignisse auf nationaler und, wie in Kaliningrad, auf internationaler Ebene. Als Gegenleistung erwartet er Loyalität im Interesse eines gemeinsamen Zieles.
Es gehört schon ein wenig Erfahrung und vor allem Reife dazu, als Diplomat im Ausland, gestellte Zielvorgaben zu erkennen, gleichzeitig jedoch rücksichtsvoll aufzutreten. Der deutsche Generalkonsul Dr. Dr. Krause scheint mit seinem hier veröffentlichten Satz das bessere diplomatische Geschick zu haben. Der Vizekonsul Daniel Lissner spielte dagegen im Kaliningrader Deutsch-Russischen Haus die Rolle des „Elefanten im Porzellanladen“ und musste zu Recht verschwinden.
Was erwartest Du eigentlich von deutschen Diplomaten in Kaliningrad in Bezug auf die Qualität der Gesprächsinhalte? Sie haben sicher zum einen oder anderen Thema ihre eigene Meinung. Das mag vor allem für Interessen außerhalb ihres Dienstes gelten. Bei der großen Politik, gerade in der heutigen schwierigen Zeit, werden sie sich jedoch stets an das Sprichwort: „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“ erinnern.
Somit ist Eure Informationsagentur unabhängiger. Ich wünsche Euch auf jeden Fall weiterhin viel Erfolg! Vielleicht gibt es für das Deutsch-Russisch Haus eine andere Finanzierungsquelle, um aus den Verdächtigungen heraus zu kommen. Das Haus habe ich schon selbst besucht, im Internet lese ich regelmäßig den Veranstaltungsplan. Es wäre schade, wenn das „kaputt“ geht...
Uwe Erich Niemeier
Veröffentlicht: 13. November 2014 13:43Vor einigen Jahren hatte ich ein Gespräch mit einem deutschen Generalkonsul in Kaliningrad. Der sagte mir: "Herr Niemeier, in diesem Generalkonsulat gibt es nur einen Diplomaten und das ist der Generalkonsul. Alle anderen haben nur einen Pass mit einem Aufdruck "Diplomat"."
Was den jetzigen Generalkonsul Dr. Dr. Krause anbelangt, so bin ich immer wieder beeindruckt, wie man ernsthafte Diplomatie mit einem Schuss Leichtigkeit rüberbringen kann. Das ist, nach meiner Erinnerung, bisher nur ihm und Dr. Herz gelungen.
Mir ist schon klar, dass sich ein deutscher Diplomat gar keine eigene Meinung leisten kann, zumindest nicht, wenn diese Meinung von der offiziellen Linie abweicht. Und da (fast) alle Diplomaten in Kaliningrad in ständiger "Angst" vor irgendwas und irgendjemand leben, in Gesprächen leise sprechen und sich ständig umschauen, wer denn noch in der Nähe ist, erwarte ich auch gar nichts und ich will auch keine "geheimen" oder "gelbe" Informationen haben. Aber ich erwarte von einer diplomatischen Vertretung, die mit Steuergeldern bezahlt wird, dass sie die Steuerzahler etwas ausführlicher darüber informiert, was sie in Kaliningrad machen, welche Erfolge sie haben und nicht mal so nebenbei eine Information, dass man in diesem Jahr 40.000 Visa ausstellen wird. Aber in diesem Generalkonsulat ist schon immer vieles sehr geheim und geheimnisumwittert gewesen - schade, dass so viele Möglichkeiten für eine Deutschland-Darstellung vergeben werden.
Richtig, wir finanzieren uns unabhängig und dabei bleibt es auch. Und deshalb können wir uns auch den Luxus einer eigenen Meinung leisten - ob sie einzelnen ehemaligen deutschen Diplomaten in Kaliningrad passt oder nicht ...