Mein teures Kaliningrad. Wohnen wird immer teurer.


Kaliningrad ist föderaler Spitzenreiter beim Wachsen der Wohnungsmieten in diesem Jahr. Die Vermieter betreiben eine Kurzzeit-Politik oder auch eine Politik der Kurzsichtigkeit und stimulieren damit den Mietmarkt für Wohnungen zum Nachteil der Kunden.
Um das gegenwärtige Phänomen der Explosion der Mietpreise zu verstehen, muss man den Immobilienmarkt verlassen und sich dem Tourismus zuwenden. Kaliningrad müsste dem Corona-Virus unendlich dankbar sein, denn dieser ist schuld daran, dass die reiselustigen Russen nicht mehr ins westliche Ausland reisen können. Sie suchen deshalb Alternativen, wo sich Russland möglichst westlich zeigt und glaubt, diese Alternative in Kaliningrad gefunden zu haben. Beweis dafür sind die Ruinen der alten Festungsanlagen und einige übriggebliebene Wohnhäuser aus der Vorkriegszeit. Bei einem Besuch in St. Petersburg vor ein paar Tagen, habe ich mich in dieser Stadt viel westlicher gefühlt, als in meinem geliebten Kaliningrad.
Aber der Russe aus dem russischen Mutterland empfindet anders und der touristische Ansturm auf Kaliningrad begann bereits im Jahre 2020 und setzte sich 2021 fort. Zwei Millionen Touristen erwartet die Region in diesem Jahr und es scheint alles darauf hinzudeuten, dass dieses Ziel erfüllt wird.
Alle diese Touristen müssen aber irgendwo wohnen. Superteure Hotels, teure Hotels, normale Hotels, billige Hotels, Hostels und Pensionen waren komplett ausgebucht. Somit blieb für viele Kurzentschlossene nur die Alternative, sogenannte „Tageswohnungen“ anzumieten. In der Vergangenheit waren dies preiswerte Alternativen zu Hotels und Pensionen. In der Zwischenzeit sieht dies anders aus, denn der Tourist in Kaliningrad muss froh sein, wenn er überhaupt eine Übernachtung erhält.
Dieser Zustand führte dazu, dass viele Vermieter, die Langzeitvermietungen anbieten, entschieden, ihre Langzeitmieter, die im Monat für eine Einraumwohnung 15.000 Rubel bezahlt haben, kurzfristig rauszuschmeißen und die Wohnung für 2.500 Rubel am Tag, an Touristen zu vermieten. Die Komplettauslastung in der diesjährigen Saison war kein Problem, so dass der Vermieter anstelle von 15.000 Rubel nun 75.000 Rubel im Monat verdienen konnte.
Es verschwanden also Mietwohnungen für Langzeitwohnungen vom Markt und es entstand ein Defizit an Langzeit-Mietwohnungen. Wer eine Wohnung langfristig brauchte, war bereit, mehr Geld auf den Tisch zu packen. Und so kostet heute die gleiche Wohnung, die am Jahresanfang für 15.000 Rubel zu haben war, heute 25.000-30.000 Rubel. Spezialisierte Immobilienportale haben berechnet, dass die Mietpreise im Langzeitsektor in Kaliningrad um durchschnittlich 30 Prozent im ersten Halbjahr angestiegen sind. Im dritten Quartal wurde nochmal mit über zehn bis 15 Prozent zugelegt.
Wer jetzt glaubt, dass durch die Preissteigerungen die Nachfrage nachgelassen hat, der irrt. Der Wohnungsmarkt ist leergefegt. Kaliningrad-Domizil, als ehemals im Immobilienbereich tätige Firma, unterhält Kontakte zu Wohnungsgesellschaften. Hier wurde informiert, dass Wohnungen innerhalb von einer Stunde vermietet werden, nachdem diese in den einschlägigen Internetportalen angeboten werden. Es gibt keinerlei Leerstand zwischen Auszug des alten und Einzug des neuen Mieters.
Nun besteht aber keine Notwendigkeit, auf die Vermieter neidisch zu werden, die ihre Wohnungen als Tageswohnungen umformatiert und ein Vielfaches an Miete verdient haben. Auch in Kaliningrad geht die Saison zu Ende und der Tourismusstrom lässt nach und führt somit zu Leerstand dieser Wohnungen. Bei der Endabrechnung – wenn der Vermieter denn überhaupt eine Bilanz zieht – wird er feststellen, dass er wohl nur wenig mehr mit der Tagesvermietung verdient hat, als bei Langzeitvermietung. Geld, was zusätzlich verdient wurde, muss häufig für die Instandsetzung der Wohnung, dem Kauf von neuem Inventar usw. eingesetzt werden.
Die wirklichen Gewinner sind diejenigen, die Stabilität in ihrem Vermietergeschäft organisiert haben, d.h. entweder stabil die Wohnungen langfristig vermieten oder stabil Tagesvermietungen vornehmen. Das springen zwischen Vermietungsmodellen ist wohl in Kaliningrad zu vergleichen mit dem Poker-Kartenspiel.
Neben den Mietpreisen wachsen aber auch die Preise für Immobilien selber. Die Bautätigkeit ist enorm in Kaliningrad und Wohnungen sind verkauft, bevor der erste Spatenstich getan ist. Wer vor zwei Jahren eine Ein-Raum-Wohnung für zwei Millionen Rubel gekauft hat, wird diese heute für vier Millionen Rubel verkaufen können, ohne auch nur einen einzigen Handschlag in der Wohnung zur Instandsetzung und dem Innenausbau getan zu haben. Parallel wachsen aber auch die Preise für alles was man zum Bauen braucht und für die Baumärkte in Kaliningrad ist gegenwärtig jeder Tag ein Feiertag.
Reklame

Um zu kommentieren, müssen Sie sich registrieren oder einloggen.
Kommentare ( 0 )