Die Söhne der Väter oder Undankbarkeit ist des Landes Lohn


Russland hat bisher immer alle Kriege gewonnen, wenn diese Kriege zu einem Volkskrieg wurden. Diese Tatsache kommentierte Sergej Kirijenko, Erster stellvertretender Leiter der Präsidialverwaltung des russischen Präsidenten. Die russische Gegenwart zeigt, dass die Gesellschaft wohl ein wenig schwächelt.
„Russland hat jeden beliebigen Krieg gewonnen, wenn dieser Krieg zu einem Krieg des Volkes wurde. So war es immer. Und wir werden unstrittig auch diesen Krieg gewinnen: sowohl den „heißen“, wie auch den ökonomischen, den psychologischen, den Informationskrieg, der gegen uns geführt wird. Aber dafür ist es nötig, dass dieser Krieg zu einem Volkskrieg wird, dass jeder Mensch seinen Anteil daran spürt, dass jeder Mensch seinen Anteil leisten kann an unserem gemeinsamen Sieg“, - so Kirijenko.
Es gibt an diesen Worten nichts zu kritisieren, sie sind einfach nur wahr und notwendig. Aber die russische Wirklichkeit zeigt, dass nicht jedes Mitglied der Gesellschaft bereit ist, diesen Worten zu folgen. Immer häufiger wird das Wort „Verräter“ oder „Verrat“ zum täglichen kommentieren merkwürdiger Ereignisse genutzt, für die es eigentlich keine anderen Erklärungen gibt. Vielleicht könnte man in einigen Fällen noch das Wort „unfähig, unqualifiziert, desinteressiert“ verwenden.
Lange habe ich mich gegen Informationen gewehrt, die davon sprachen, dass es in Russland im Allgemeinen und in den höchsten Führungsebenen im Besonderen, Verräter gibt. Selbst als ich vor wenigen Tagen als Gast die Staatsduma besuchen durfte, fielen diese Begriffe und ich versuchte mich immer noch dagegen zu wehren. Für mich, als gelerntem DDR-Bürger, der an die Unfehlbarkeit und bedingungslose Ergebenheit einer, mit größter Sorgfalt ausgewählten Führungselite glaubt, eine nicht vorstellbare Realität.
Aber meine Vorstellungen sind wohl realitätsfern. Es gibt diesen idealen Menschen nicht, der zuerst an das Wohl der Gemeinschaft und dann an sich selber denkt.
Die russischen Medien sind angefüllt mit Informationen über die aktuelle gesellschaftliche Situation.
Aufmerksames Lesen und Hören dieser Informationen hat Vor- und Nachteile. Der Vorteil besteht darin, dass man klüger wird und die Vorgänge in der russischen Gesellschaft besser versteht.
Der Nachteil besteht in der wachsenden psychologischen Belastung und Erkenntnis, dass Russland bei weitem nicht das ideale Land, die ideale Gesellschaft ist, von der ich bisher immer geträumt habe. Die Einsicht, die Erkenntnis, die Kenntnis wächst, dass einem, nicht kleinen Teil der russischen Gesellschaft, eben diese Gesellschaft egal ist und sie bereit ist, ihr Land für Judaslohn zu verkaufen.
Mir nützt es dabei gar nichts, dass mir meine russischen Gesprächspartner immer wieder versichern, dass es in Russland schon immer Verräter gegeben hat und Russland mit diesen fertiggeworden ist – auch zu Zeiten höchster Not. Das tröstet mich, der sein Vaterland und seine persönliche Zukunft durch Verrat am 3. Oktober 1990 verloren hat, überhaupt nicht, sondern macht mich wieder unruhig: Erlebe ich einen zweiten Zusammenbruch eines Staates, den ich als Heimat ansehe und werde ich wieder „obdachlos“?
Erinnere ich mich an die DDR und deren Untergang, so weiß ich heute, dass das Land eben deshalb untergegangen ist, weil diejenigen, die vier Jahrzehnte dem Volk gesagt hatten, wie es zu leben oder nicht zu leben hat, im entscheidenden Moment eben nichts gesagt haben. Sie haben einfach keine Entscheidungen getroffen.
Verrat, wie wir ihn heute im großen Umfang in Russland vermuten, hat es damals, davon bin ich überzeugt, in der DDR-Gesellschaft nicht gegeben. Es war eben einfach nur Unvermögen der sozialistischen „Entscheidungshelden“, in kritischer Situation das Zepter in die Hand zu nehmen und Verantwortung für die Gesellschaft zu übernehmen.
In Russland scheint dies etwas anders zu sein. Hier reden wir immer mehr, ganz offen, von Verrat, von ganz klassischem Verrat, in vielen Schichten der Gesellschaft. Verrat ist ein dankbarer Begriff für viele Dinge, die in der Gesellschaft gegenwärtig vor sich gehen und für die es keine Erklärung gibt.
Aber woher kommt der Verrat?
In den seltensten Fällen glaube ich, dass es sich um ideologisch motivierten Verrat handelt. Es sind handfeste materielle und finanzielle Motive, die Leute zum Verrat treibt. Je schlechter der Mensch lebt, umso leichter ist es, ihn materiell zu überzeugen. Wobei auch Millionäre durchaus bereit sind, Verrat zu üben. Immerhin wollen sie ja auch mal Milliardär werden.
Und die sowjetische Defizit-Gesellschaft, mit ihren idiotischen wirtschaftlichen und ideologischen Dogmen, hatte alle Voraussetzungen geschaffen, damit sich viele ihrer Bürger nach 1985, aber insbesondere nach 1990, gegen Judaslohn oder andere Vergünstigungen von den unipolaren Mächten haben kaufen lassen.
Der Zusammenbruch der Sowjetunion war nicht nur der Zusammenbruch eines internationalen Subjektes, sondern es brach alles zusammen, die Gesellschaft, die Familien, die Wirtschaft, Kultur … Jeder begann um sein eigenes Überleben zu kämpfen und so fanden die Leichenfledderer des Westens problemlos viele Bürger, denen das Hemd näher war, als die Hose. Für ein paar lumpige Dollar, für eine „Qualifizierungsreise“ in die USA oder für andere Vergünstigungen, waren tausende, zehntausende, hunderttausende Bürger bereit, ihr Geburtsland zu verkaufen. Und sie taten es.

Putin hat im Jahre 2000, mit der Funktion des Präsidenten, auch einen Wust an Problemen übergeben bekommen, die wohl mit der von ihm praktizierten Form der Führung des Landes bis zum Jahre 2024 oder sogar bis 2030 nicht zu lösen sein werden. In stillen Momenten der Nachdenklichkeit, bei einem Glas Wein, wünsche ich mir ein wenig mehr Stalin in seinem Charakter, wissend, dass Russland immer dann aufblühte, wenn der „Zar“ eine harte Hand hatte.
Wie kann man aber mit Verrat aufräumen, wenn das ganze Land auf allen Ebenen durchsetzt ist mit US-Vasallen, die sich wohl auch gegenseitig schützen?
Erinnern wir uns an einige bekanntgewordene Kleinigkeiten der letzten Wochen.
Der Sohn des exEisenbahnchefs Jakunin, ist britischer Staatsbürger und dies seit 2015, als sein Vater noch in höchsten Ämtern war. Wie hat der Vater seinen Sohn erzogen? Wer war der Vater selber? Der Sohn informiert aus einem norwegischen Gefängnis, in das er nach seiner Verhaftung gebracht wurde, weil er eine Drohne illegal genutzt hatte, dass sich Diplomaten Großbritanniens, sogar mehr als erforderlich, um seine Belange in Norwegen kümmere und somit andere Hilfe (russische) nicht nötig sei.
Somit demaskieren sich immer mehr „russische“ Eliten der Vergangenheit und Gegenwart und beweisen damit, wie erfolgreich die USA den russischen Staat unterwandert und infiltriert haben. Es steht die Frage, wie viele Verräter noch in hohen und höchsten Ämtern im Lande gegen die russische Gesellschaft arbeiten.
Der Sohn eines der reichsten Russen im Land, des Bankiers Friedman, verbreitet ein Video im Internet, natürlich auf Englisch, wo er sich darüber beschwert, dass er auf der westlichen Sanktionsliste gelandet ist – unverdientermaßen, denn er trete gegen die russische Politik auf und tue vieles, damit seine antirussische Politik im Westen anerkannt wird. Und der Vater dieses 22jährigen Jungen, der in ausländischen Eliteschulen ausgebildet worden ist, sitzt an den Schalthebeln der russischen Finanzmacht. Wir erinnern uns, dass wir 300 Mrd. USD Staatsreserven verloren haben, wo bisher niemand nachvollziehbar erklärt hat, warum dies geschehen konnte. Wie viele Verräter sitzen noch in den Bereichen der russischen Finanzwelt?
Ein Abgeordneter der Kommunistischen Partei der Russischen Föderation aus der Gebietsduma Wladiwostok hat sich nach Beginn der Militäroperation in die USA abgesetzt, dort um politisches Asyl gebeten und auch erhalten. In den Sozialmedien schrieb Viktor Kamenschikow: „Nun bin ich vollwertiges Mitglied der amerikanischen Gesellschaft.“ Wieviel Schaden er als „nichtoffizielles Mitglied der amerikanischen Gesellschaft“ während seiner Tätigkeit als Duma-Abgeordneter angerichtet hat, ist offiziell nicht bekannt. Wie viele Duma-Abgeordnete arbeiten noch für die USA? Selbst wir in Kaliningrad hatten einen Verräter in der Duma, der jetzt ebenfalls in den USA lebt und von dort aus gegen uns in Kaliningrad geifert.
Ein halbes Jahr passiert in der Ukraine nichts, was eigentlich hätte passieren müssen – zumindest nach der Logik eines Großteils der Bevölkerung: Vernichtung der ukrainischen Infrastruktur, Zerstörung der Wege, auf die ausländisches Militärmaterial in das Land kommt. Und da niemand nichts erklärt, macht das Wort „Verrat“ die Runde.
Ein aufsehenerregender Fall, im Rahmen der Teilmobilmachung, macht ebenfalls die Runde. Es fehlen riesige Mengen Bekleidung und Ausrüstung in den Mobilmachungslagern. Angeblich gestohlen. Hm, von wem? So einfach kann man nicht Millionen Bekleidungstücke stehlen. Es kann aber auch sein, dass die Sachen nie gekauft worden sind, sondern nur auf dem Papier erzeugt und gekauft worden, aber das Geld in die Taschen der Korrupten floss. Wer hat die Gesellschaft so weit gebracht, dass sogar Militärs zu gewöhnlichen Dieben werden und damit das Land in Gefahr bringen? Und es steht die Frage, ob es im Militär noch viele dieser Korrupten gibt oder vielleicht sogar richtige Verräter, solche wie General Wlassow?
Und es stellt sich für mich die Frage, ob niemand von all dem gewusst hat? Dabei gibt es doch ausreichend Strukturen in jedem Land, welche darauf achten, dass die Gesellschaft nicht in Gefahr gerät. Oder befinden sich dort auch … nein, ich wehre mich dagegen, diesen schrecklichen Gedanken zu Ende zu denken.
Sie sahen einen Beitrag von „Baltische Welle“. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, Tschüss und Poka aus Kaliningrad
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Kommentare ( 3 )
Bastian Радебергер Radeberger
Veröffentlicht: 26. Oktober 2022 19:36 pm" . . . dass sich Diplomaten Großbritanniens, sogar mehr als erforderlich, um seine Belange in Norwegen kümmere und somit andere Hilfe (russische) nicht nötig sei."
Die Briten werden wohl nicht wollen, daß der Russe Jakunin jr. den Norwegern als Nato-Partner von GB zu viel über seine Tätigkeiten, u. U. im Auftrage der Briten im kalten Knast von Norwegen ausplaudert. Dieser Herr Jakunin jr. wird doch ganz bestimmt nicht gewöhnt sein, Unannehmlichkeiten klaglos zu ertragen und zusehen, wie er schnell seinen Hintern aus dem norwegischen Staatsgewahrsam bekommt.
Aber irgendetwas verbindet den Jakunin jr. ziemlich stark mit den Briten, denn so einfach bekommt doch keine Russe eine Staatsangehörigkeit des Insel-Königreichs.
Uwe Erich Niemeier
Veröffentlicht: 26. Oktober 2022 19:38... doch, man bekommt die Staatsangehörigkeit, wenn man dafür genügend Geld auf den Tisch packt. Allerdings will Großbritannien diese Art Staatsbürgerschaften alle wieder annullieren ... naja, Geld hat man bekommen, jetzt kann man die Pässe wieder einziehen ... Erstattungen gibt es natürlich keine.
Müller-Thurgau
Veröffentlicht: 27. Oktober 2022 00:21 pmDas ist ein bitterer Artikel. Verräter gibt es immer, auch die Sowjetunion hatte ihren Wlassow. Ich ahnte, daß das Gift der US-„Kultur“ die Hirne vieler Menschen vernebelt und daß der Dollar manch einen zum Verrat verleitet. Die feindliche Propaganda ist gewaltig und schwer zu übertönen. Das sind Umstände, die es in früheren Zeiten so nicht gab und die es erschweren, das *ganze* Volk zu mobilisieren. Wir leben nicht 1941, sondern in einer anderen Epoche. Deshalb war ich für ein rasches, kraftvolles Vorgehen, um möglichst schnell bis Transnistrien Fakten zu schaffen, um dem Feind keine Zeit zum Sammeln der Kräfte zu lassen und auch um die „Heimatfront“ möglichst wenig zu belasten. Dann hätte man von der Höhe aus verteidigen können, nun muß man den Berg erst noch erobern.
Ob es um Unfähigkeit geht oder mehr Verrat, kann ich nicht beurteilen. Vielleicht braucht das große Rußland in solchen Zeiten wirklich einen Stalin oder einen Zaren. Ich schließe nicht aus, daß etwas in der Art kommt.
A. Bienenfreund
Veröffentlicht: 27. Oktober 2022 07:37 pmJa, das ist schon bitter. Aber die Nachricht ist ja nicht, das es Gleichgültigkeit, Schlendrian, Korruption und Verrat gibt (wo gäbe es die nicht), die Nachricht ist doch aber ehr, dass diese Leute nun die Aufmerksamkeit bekommen, die sie brauchen um ihren Arsch in Bewegung zu setzen - entweder um endlich ihre Arbeit zu machen oder sich in den Knast oder auf die Flucht zu begeben. Und wenn das so halbwegs läuft kommt die noch größere Arbeit: die Kulturarbeit, die La-La-Fantasy-Verblödungsmaschiene der westlichen „Kultur“ muß in mühseliger Kleinarbeit durch eigene, aufklärerische, bildende Kultur verdrängt werden, in der Realität und Phantasie, Arbeit und Feier in einem ausgewogenem Verhältnis stehen . Und dann: dies steht uns hier im „rostigem Westen“ alles erst noch bevor. Beste Grüße