Europas Gesellschaftsterror gegen Russland oder: die deutsche Visapolitik in Russland

Europas Gesellschaftsterror gegen Russland oder: die deutsche Visapolitik in Russland
 
Eine neue Etappe in der Sanktionspolitik der Europäischen Union hat begonnen. Einige Mitgliedsländer erklärten öffentlich, für russische Staatsbürger keine Visa mehr auszustellen. Man hofft wohl dadurch, die russische Gesellschaft gegen die Führung des Landes ausrichten zu können. Deutschland spielt in dieser neuen Etappe des Gesellschaftsterrors gegen ein anderes Land eine bewusst unklare Rolle.
 
 
Immer wieder suchen politisch Verantwortliche in Russland nach Momenten, um die offensichtlich russlandfeindliche Politik der Bundesrepublik Deutschland in einem positiveren Licht darzustellen. Man sucht nach vermeintlichen Erklärungen einer nicht einfachen politischen Realität, die Deutschland zu dieser oder jener Handlungsweise treibt. Und man wirbt um Verständnis für deutsche Politik. Für das Volk, das russische Volk, ist es aber nicht ganz einfach eine Politik zu verstehen, die nicht zu verstehen ist und für die es keine verständliche Erklärung gibt. Für den einfachen Russen existieren nur Fakten und erlebte und gefühlte Tatsachen.
 
Länder der ehemaligen Sowjetunion treten besonders aggressiv auf und fordern im Rahmen des neuen Gesellschaftsterrors gegen Russland, die bedingungslose und vollständige Einstellung der Ausgabe von Schengen-Visa an russische Staatsbürger. Immer mehr Länder der Europäischen Union schließen sich dieser Forderung an – sie tun es aber in unterschiedlicher Qualität.
 
So tritt man nicht öffentlich ein für ein Visaverbot, hält sich auch in Kommentaren zurück oder fordert sogar zur Mäßigung auf – so wie Deutschland, Frankreich und die Niederlande es tun.
 
Diese Länder schlagen vor, nur an die russischen Bürger Schengen-Visa auszugeben, die in keinem Verhältnis zur russischen Regierung stehen. Wobei erläutert wird, dass man in erster Linie russischen Studenten, Künstlern, Gelehrten und qualifizierten Spezialisten Visa geben möchte. Das lässt den Verdacht aufkommen, dass eben Deutschland, so wie man es bereits in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts getan hat, den Gesellschaftsterror gegen Russland in der Art entwickeln will, dass man das Land personell ausbluten lassen will. Man will die „Sahne im Kaffee“ abschöpfen, die personelle Zukunft Russlands und die personellen Fundamente Russlands in den Westen umlagern.
 
Dies ist keine neue deutsche Politik. Sie ist erfolgreich erprobt und angewendet worden in der Zeit vor dem Mauerbau in Deutschland gegenüber der DDR und in der Zeit ab 1990 in der Sowjetunion und den Nachfolgestaaten der Sowjetunion.
 
Aber es gibt noch weitere Nuancen, die eben die Visapolitik Deutschlands gegenwärtig unklar erscheinen lässt.
 
In der vergangenen Woche berichteten Kaliningrader Medien, dass das deutsche Visazentrum in Kaliningrad bis zum Jahresende völlig ausgebucht ist und keine Visaanträge mehr entgegennimmt. Natürlich werden keinerlei Zahlen veröffentlicht, aber man kann es auch niemanden verübeln, wenn über derartige „Auslastungen des Visazentrums“ misstrauisch nachgedacht wird. Für viele ist somit klar, dass auch Deutschland sich dem Schengen-Visa-Verbot anschließt, aber nach außen hin nicht des Gesellschaftsterrors gegen Russland beschuldigt werden will.
 
Am Samstag berichten Kaliningrader Regionalmedien, dass das deutsche Visazentrum in Kaliningrad massenhaft begonnen hat, Terminvergaben für die Abgabe von Visaanträgen, wieder zu annullieren. Es geht um die russischen Bürger, die also den Terminkalender des deutschen Visazentrums bis Jahresende bereits voll gefüllt hatten. Diesen wird nun der Termin wieder annulliert.
 
Als die Antragsteller zum Termin erschienen, wurde ihnen mitgeteilt, dass der Termin annulliert sei. Nachvollziehbare Erklärungen gab es keine. Die Antragsteller wurden beschuldigt, sich illegal Termine verschafft zu haben und deshalb sind diese annulliert worden. Wie man sich illegal Termine in einer deutschen Einrichtung verschaffen kann, bleibt erstmal ungeklärt im Raum stehen.
 
Eine Antragstellerin informierte, dass sie einen Termin über eine Tourismusfirma organisiert und dafür 40.000 Rubel, rund 700 Euro, bezahlt habe. Nun ist das Geld verloren und die Reiseplanung ebenfalls. Entschädigungen gibt es nicht. In der Tourismusfirma wurde die Schuld für das Vorgefallene auf andere Agenten abgewälzt, die mit derartigen Dienstleistungen als Zwischenvermittler Geld verdienen wollen. Was dies für Agenten sind und wie diese mit der deutschen Einrichtung zusammenarbeiten können, bleibt ungeklärt.
 
Da es zu Beschwerden über derartige Visa-Zwischenhändler gekommen war, hat sich das deutsche Generalkonsulat entschlossen, Visaantragstermine einfach zu annullieren. Auf den Gedanken, die Arbeit des Visazentrums neu zu organisieren und im persönlichen Gespräch mit Betroffenen eine Lösung zu finden, scheint man in der „Telmana 14“ noch nicht gekommen zu sein.
 
Eine weitere Tourismusfirma informierte, dass eine Kaliningraderin dringend ein Visum benötigte, da ihre Mutter in Deutschland verstorben sei. Sie habe eine ganze Woche im Visazentrum zugebracht, um einen Talon für einen Visaantrag zu kommen, um ihre Dokumente abgeben zu können.
 
Eine andere Antragstellerin saß drei Stunden im deutschen Visazentrum und beobachtete, dass in diesen drei Stunden einigen dutzend Antragstellern eine Absage erteilt wurde. Im Ergebnis von Gesprächen mit den Mitarbeitern des Visazentrums konnten doch einige ihre Anträge abgeben. Für die Kaliningrader ist eine derartige Verhaltensweise des deutschen Generalkonsulates unverständlich – schreibt das Informationsportal „kaliningrad.ru“.
 
Interessant sei es auch, kommentieren Kaliningrader, dass nach derartigen massenhaften Terminannullierungen, trotzdem keine neuen freien Termine zur Verfügung stehen. Die Chancen überhaupt ein Visum zu erhalten, werden von Tag zu Tag geringer.
 
Das Informationsportal „kaliningrad.ru“ bemühte sich um einen Kommentar aus dem deutschen Generalkonsulat in dieser Angelegenheit. Eine Antwort erhielt man nicht. Im deutschen Visazentrum verweigerte man Gespräche mit Journalisten. Ihnen sei ein Verbot auferlegt worden.
 
Am Sonntag veröffentlichten russische Medien Informationen, wonach die Außenminister der Europäischen Union eine Aufhebung der vereinfachten Visavereinbarungen mit Russland beschließen werden. Deutschland und Frankreich sollen vor den baltischen Kleinstaaten und Polen eingeknickt sein, als diese drohten, ihre Grenzen einseitig für russische Touristen zu schließen. „Für russische Touristen ist es unangemessen durch unsere Städte zu schlendern, um zu ihren Yachten zu gelangen“, wird ein hochrangiger EU-Beamter zitiert.
 
Sie sahen einen Beitrag der Baltischen Welle. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Tschüss und Poka aus Kaliningrad.

 

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Kommentare ( 4 )

  • Anton Amler

    Veröffentlicht: 29. August 2022 09:06 pm

    Hallo Uwe!
    Langsam beschleicht mich das Gefühl einer der letzten Mohikaner zu sein, der hier kommentiert.
    Sind denn alle auf den Telegrammkanal übergewechselt, den ich nicht nutze, oder hat bereits eine gewisse Ängstlichkeit um sich gegriffen, im Land mit den demokratischsten aller demokratischen Bedingungen?
    Zu YT-Zeiten war doch die Zahl der Follower beachtlich.
    Übrigens!
    Die erste Oligarchenyacht wurde wohl gesunken.
    Wie geht das weiter in der Orchestrierung der hirnlosen Maßnahmen gegen alles, wo ein Russen-Gen drin steckt?
    Werden Tolstoi, Dostojewski und Gorki umgeschrieben, Glinka neu vertont, Nurejew als Schüler Astair`s erkannt, und Oistrach als Straßengeiger betitelt?
    "Denkerdeutschland", wo bist Du ???

    • Uwe Erich Niemeier

      Veröffentlicht: 29. August 2022 09:42

      Hallo und Guten Tag Anton,

      wir leben im sogenannten Sommerloch - es existiert wirklich. Ich quäle mich jeden Tag ab, um wenigstens einige wenige, allgemein interessante Informationen aus russischen Medien zu erhalten. Dies ist jedes Jahr so und wird sich im September wieder ändern. Daraus resultiert auch, dass sehr wenig kommentiert wird. Viele haben im Urlaub oder auch in der heißen Zeit einfach keine Lust, heiße Kommentare zu schreiben.

      Auf meinem VKontakte-Konto wird von Anfang an sehr wenig kommentiert und auch auf dem Telegram-Kanal wird jetzt im vernünftigen Umfang kommentiert, nachdem ich dort "meine Ordnung" verkündet habe, dort zensiere und alle die blockiere, die trollen oder themenfremde Beiträge einstellen.

      Es ist also alles normal und die gegenwärtigen Inaktivitäten nichts Besonderes ...

      Was die YouTube-Zeiten anbelangt ...

      Die Zahl der Nutzer ist bedeutungslos - sie war für mich nie wichtig. Viel interessanter ist die Zahl derer, die den Beitrag anschauen oder lesen.

      Bei YT hatte ich 16.000 registrierte Nutzer. Angeschaut wurden die Beiträge 5.000 - 10.000 mal ... also viele sind gar keine wirklichen "Fans".

      Ähnlich sieht es bei "Telegram" aus. Dort habe ich fast 4.000 "Fans", aber die Beiträge werden im Durchschnitt 2500-3000 mal angeklickt. Also viele "Fans" sind fiktiv.

      Auf dem Portal hier, ist es umgekehrt. Es gibt wenig registrierte Nutzer, dafür aber relativ viele Leser - je nach Beitragsthema kommen schon mal ein paar Tausend zusammen. Kommentiert wird hier weniger, weil wohl viele fürchten, dass sie "hinter den Kulissen" enttarnt werden, also keine Anonymität wie in den Sozialnetzwerken herrscht (wobei es im Internet generell keine Anonymität gibt - wenn der Staatsanwalt etwas wissen will, dann erfährt er es.)

      Ich hatte mit einem Bekannten über eine Neuprogrammierung der Seite gesprochen. Dieser meinte: Schade um das Geld, die Zeit für diese Art von Portalen ist abgelaufen. Konzentriere dich auf die Sozialnetzwerke ... Und den Eindruck habe ich auch, wenn ich andere Portale dieser Art verfolge ... auch dort ist recht wenig los.

  • Müller-Thurgau

    Veröffentlicht: 29. August 2022 13:04 pm

    Ich habe zwar auch Telegram, kann mich damit aber nicht so recht anfreunden und kommentiere da nie. Überhaupt bin ich kein Freund der "sozialen" Plattformen. Das könnte daran liegen, daß ich schon seit 1993 im Internet bin, als es den Kram noch nicht gab. Ich kommentiere manchmal hier im Portal, aber man muß nicht unbedingt zu allem seinen Senf dazugeben.
     
    Ich hoffe, daß Rußland trotz der feindseligen Handlungen der EU weiterhin Menschen willkommen heißt, die zwangsweise Bürger des EU-Gebildes sind, vor allem die Freunde Rußlands.
     
    Bei "Tichys Einblick" steht heute ein guter Artikel "Angekommen in der Kakistokratie" (Herrschaft der Schlechtesten). Daraus und aus manchen Kommentaren geht hervor, welche Grundmängel das System hat und wie es umgebaut werden müßte, um einen Staat zu errichten, der wirklich dem Volke dient. Aber das würden die Strippenzieher und Nutznießer der Unfähigen niemals zulassen.

  • Bastian Радебергер Radeberger

    Veröffentlicht: 29. August 2022 13:28 pm

    Ich bin zwar kein Tyrann ...
    "Und die Treue, sie ist doch kein leerer Wahn – So nehmet auch mich zum Genossen an, Ich sei, gewährt mir die Bitte, In eurem Bunde der Dritte. ..."

  • loyalo nilats gleichgesinnter

    Veröffentlicht: 30. August 2022 15:53 pm

    klare strategie, putin soll von innen gestürzt werden. durch die unzufriedenheit der eigenen bürger. die deutsche regierung, obwohl noch gemäßigt, unterstützt diese kriminellen, deren sanktionen kein ende zu kennen scheinen. ihr ist aber scheinbar nicht bewußt, daß auch viele deutsche sehr unzufrieden sind. ich freue mich, wenn der tag, den ich so sehr herbei sehne, realität wird. das wird m.e. nicht mehr lange dauern. in diesem sinne, tschüs und poka.

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