Gesetze des Krieges oder Kameradenschwein

Gesetze des Krieges oder Kameradenschwein
 
Es gibt Kriegsgesetze und es gibt Gesetze des Krieges. Letztere werden, in der Regel, in der Praxis geboren und von keinem Parlament oder keiner Regierung beschlossen. Richter und Vollstrecker sind Kameraden.
 
 
Am Wochenende quellten die russischen Medien über. Sie berichteten über ein grausames Video, welches anscheinend in der Nacht vom Samstag auf den Sonntag verbreitet wurde. Die Vollversion finden Sie im Telegram-Kanal https://t.me/grey_zone/15767. Ich weise ausdrücklich darauf hin: die letzten vier Sekunden sind grausam und für schwache Nerven nicht geeignet.
 
 
Es geht um die Hinrichtung eines Verräters nach den Gesetzen des Krieges. Hingerichtet wurde angeblich Jewgeni Nuschin, Jahrgang 1967, russischer Staatsbürger und verurteilter Mörder. 28 Jahre strenge Lagerhaft war der Richterspruch im Jahre 1999. Er wäre im Jahre 2027 entlassen worden, entschied sich aber, dem Werbeangebot der Wagner-Organisation zu folgen und, im Interesse Russlands, an der Militäroperation in der Ukraine teilzunehmen.
 
In den letzten Wochen wurde über diese neue Möglichkeit ausreichend in den russischen Medien informiert. Straftäter werden aus der Haft vorzeitig entlassen, dienen mindestens sechs Monate an der Front und sind dann freie Bürger – wenn sie denn überleben. Sie können aber auch weiterdienen – für sehr gutes Geld.
 
 
Man kann zur moralischen Bewertung unterschiedlicher Meinung sein. Ich persönlich möchte in keinem Zug oder keiner Kompanie dienen, wo ich weiß, dass die Nachbareinheit aus Schwerstverbrechern besteht, die keine Skrupel kennen, wenn es um den eigenen Vorteil geht. Da aber dieses System von Jewgeni Prigoschin entwickelt wurde, einem angeblich erfahrenen Spezialisten in Sachen Straflager und Strafvollzug, kann man wohl davon ausgehen, dass das System so organisiert wurde, dass meine Befürchtungen vielleicht wenig gerechtfertigt sind. Trotzdem bleibt das Wort „Moral“ im Raum stehen.
 
Um was geht es nun konkret?
 
Videoeinspielung Hinrichtungsvideo
 
Jewgeni Nuschin, 55 Jahre alt, ehemaliger Angehöriger der Truppen des Innenministeriums, Vater von zwei Kindern, hatte einen Mord begangen. Im Jahre 1999 wurde er zu 28 Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Fünf Jahre hätte er noch abzusitzen gehabt. Während seiner Haft durchlief er verschiedene Entwicklungen, wurde zum Zarenanhänger, liebte dann die Sowjetunion und letztendlich liebte er auch Russland und begrüßte auch die Militäroperation in der Ukraine.
 
Im Juli, so erzählte Nuschin, landete ein Hubschrauber in der Strafkolonie. Prigoschin stieg aus, ließ die Strafgefangenen auf dem Zentralplatz antreten und warb um deren Einsatz in der Ukraine. 92 Straftäter, so auch Nuschin, unterschrieben eine Verpflichtung, wurden aus dem Strafvollzug entlassen, ausgebildet und an die Front geschickt. Am 4. September begab Nuschin sich freiwillig in ukrainische Gefangenschaft.
 
 
Militärs würden dieses Verhalten im besten Fall mit Feigheit vor dem Feind bezeichnen. Eigentlich ist es Verrat an den Kameraden, die links und rechts kämpfen. Umgangssprachlich kann man solche Person auch als Kameradenschwein bezeichnen.
 
Dem aber nicht genug, gab er in ukrainischer Gefangenschaft auch ein Interview – am 12. Oktober. Wenn man bisher noch urteilen könnte, dass die freiwillige Gefangenschaft vielleicht gewissen Umständen zu schulden war – jeder will leben, will überleben, so fällt diese Argumentation jetzt weg. In der Gefangenschaft spricht man höchstens unter Folter, deren Instrumentarien die ukrainischen Nazis gut beherrschen sollen.
 
 
Dem aber nicht genug, informierte er in diesem Interview, dass er jetzt auf der Seite der Ukraine gegen die Russen kämpfen werde. Damit sind dann wohl alle Zweifel ausgeräumt, mit welcher Sorte Mensch wir es hier zu tun haben.
 
Im Video erzählt Nuschin, dessen Kopf mit Klebeband an einem Mauerblock fixiert wurde, dass er am 11. November durch die Stadt Kiew spazierte, plötzlich einen Schlag erhielt, das Bewusstsein verlor und in einem Keller wieder zu sich kam. In diesem Keller wurde ihm mitgeteilt, dass er verurteilt wird. Dann erfolgt mit einem Vorschlaghammer der Schlag gegen seine Schläfe und ein zweiter Schlag direkt in sein Gesicht.
 
 
Es handelt sich bei dieser Hinrichtung um eine zutiefst symbolische Handlung. Die Hinrichtung mit einem Vorschlaghammer erhalten Verräter. Kommentiert wurde: „Der Vorschlaghammer ist eines der Instrumente im Orchester.“ Verräter in den Reihen der Wagner-Organisation werden grundsätzlich auf diese Weise hingerichtet.
 
Wir sprechen hier also von einem Kameradschaftsgericht nach den Gesetzen des Krieges.
 
In den verschiedensten russischen Medien werden Vermutungen geäußert, ob die Version des Verräters über seine Entführung aus Kiew der Wahrheit entspricht. Es gibt die Vermutung, dass dieser auch im Rahmen eines Gefangenenaustausches wieder in die Hände Russlands geraten ist. Vermutet wird, dass die Wagner-Organisation bereits einen umfangreichen „Vorrat“ an ukrainischen Gefangenen angesammelt hat, um diese für einen Gefangenenaustausch, auch für diese ganz speziellen Gefangenenaustausche, anzubieten. Die Ukrainer selber freuen sich zwar über jeden Verräter, brauchen diese aber nicht mehr, nachdem sie der Weltöffentlichkeit präsentiert worden. Kämpfen werden diese Verräter ganz bestimmt nicht in der ukrainischen Armee – man braucht keine Doppelverräter. Und so geschieht hinter den Kulissen sicher einiges, was wir nicht erfahren.
 
 
Eine andere Version, die in russischen Medien verbreitet wird ist, dass es sich bei diesem Video um eine ukrainische Inszenierung handelt.
 
Möglich. Die Ukrainer könnten damit „Kriegsverbrechen“ der Russen beweisen wollen. Da aber Nichts und Niemand zu erkennen ist, wird es schwer zu beweisen: die Russen sind schuld. Im Gegenteil machen die Ukrainer noch Propaganda für die Russen, für die Organisation Wagner und teilen denen, die es bisher noch nicht wissen, mit, dass Kameradenschweine ein elender Tod erwartet.  
 
Natürlich meldete sich auch Jewgeni Prigoschin über seinen Pressedienst zu Wort.
 
 
Zu einem früheren Zeitpunkt hatte Prigoschin geäußert, dass die Straftäter, die sich für einen Einsatz im Rahmen der Militäroperation entscheiden, ein besonders hohes Verantwortungsbewusstsein haben müssen. Straftäter sind ganz gewöhnliche Männer, die im Leben einfach Pech gehabt haben.
 
 
Vielleicht noch zum Abschluss eine Information über eine andere Möglichkeit, Verräter zu bestrafen.
 
Der russische Präsident Putin hat diese Form vorgeschlagen und die Staatsduma berät gegenwärtig den notwendigen Gesetzentwurf.
 
Putin schlägt vor, dass denjenigen die verliehene Staatsbürgerschaft entzogen wird, die öffentlich gegen die territoriale Unversehrtheit Russlands auftreten, die die russische Armee diskreditieren und die an der Arbeit von unerwünschten ausländischen oder internationalen NKOs teilnehmen.
 
Es geht also nicht um russische Staatsbürger, die durch Geburt die Staatsbürgerschaft erhalten haben, sondern um solche wie mich, oder diesem dicken Franzosen, der Steuern sparen wollte, von Putin persönlich die Staatsbürgerschaft erhielt, mit weiteren Vergünstigungen überhäuft wurde und jetzt öffentlich das Land kritisiert, welches ihm in schwierigen Zeiten geholfen hat.
 
 
Als ich im November 2020, nach ungeduldigen fünf Jahren, die russische Staatsbürgerschaft erhielt, musste ich einen Treueeid leisten. Der gebürtige russische Bürger braucht dies nicht. Eigentlich ist mit diesem Treueeid alles gesagt und es bedarf keiner weiteren umfangreichen Gesetze. Wer den Eid verletzt, verliert die Staatsbürgerschaft. Er wird zum Verräter an seinem Treueeid. Und es bleibt zu hoffen, dass er anstelle dessen, keine Aufenthaltsgenehmigung, oder ein Zeitweiliges Wohnrecht oder ein Touristenvisum erhält. Das Gesetz macht sich jedoch dann erforderlich, wenn sich derjenige, der seinen Eid verletzt hat, dafür vor Gericht verantworten muss – mit juristischen und nicht nur administrativen Konsequenzen.
 
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Sie sahen einen Beitrag von „Baltische Welle“. Vielen Dank für Ihr Interesse. Tschüss und Poka aus Kaliningrad.
 
 
 
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