Gespräche am Kamin: Alle ruhig und zufrieden in Deutschland


Es gibt viele Möglichkeiten, sich zu treffen und Gespräche zu führen. In Russland ist es üblich, dass man sich in der Küche trifft. Auch ich sitze mit meinen Gästen in der Küche. Aber es gibt auch Ausnahmen und wir sitzen neben einem Kamin – auch zu hitzigen Zeiten, und versuchen mit kühlem Kopf Gedanken auszutauschen.
Ich war erst wenige Stunden aus dem Land der Deutschen zurück, in dem ich mich einige Tage aufgehalten hatte, um Dinge zu erledigen, die kein anderer für mich erledigen kann. Da erreichte mich ein Anruf: „S prijesdom. Ich habe gehört, dass Du schon wieder zurück bist. Können wir uns treffen und kannst Du mir ein Interview geben?“
Eigentlich gebe ich prinzipiell keine Interviews, aber es gibt schon einige langjährig geprüfte Journalisten, denen ich vertraue. Und so verabredeten wir uns zu einem Glas Tee. Das Gespräch wurde länger als erwartet und wir tranken mehrere Gläser Tee.
Seine erste Frage lautete: Stimmt das, was unsere Propaganda verbreitet, dass es den Deutschen jetzt immer schlechter geht? Was hattest Du für Eindrücke während des Aufenthaltes in Deutschland?
Ich musste ihn und auch die russische Propaganda enttäuschen. Ich hatte überhaupt nicht den Eindruck, als ob es den Deutschen schlecht geht. Natürlich habe ich nicht 80 Millionen Menschen befragt oder beobachtet. Aber während einiger Treffen, aber auch durch Beobachtungen während einiger Einkäufe oder auch nur bei Spaziergängen stellte ich fest: Kein Deutscher hungert, friert, kein Deutscher jammert wirklich ernsthaft, kein Deutscher denkt an einen Sturz der Regierung oder gar den Untergang Deutschlands. Keiner macht sich wirklich Sorgen um seinen Arbeitsplatz. Keiner spricht von einer Krise. Einer meiner Gesprächspartner brachte es auf den Punkt:
„Ja, wir wissen alle, dass unsere Regierung ein Verein von Versagern ist, die das Land in den Abgrund führen. Aber die deutsche Wirtschaft ist so stark, dass sie dies verhindern wird.“
Mit großen Augen hörte ich diese Prognose und stellte mir die Frage, wie naiv denn die Deutschen sind, die so etwas glauben, denn die deutsche Wirtschaft hat sich der Politik komplett untergeordnet und tut nichts um das Land zu retten, obwohl sie fachlich dazu in der Lage ist, der Regierung klarzumachen, wohin das Land steuert und gibt keine eindeutigen Signale: Stopp.
Und was ist mit den Preisen – wollte mein Bekannter wissen.
Ich sagte ihm, dass ich dies nicht so richtig einschätzen kann, denn ich kann mich an die Preise von früher nicht erinnern. Ich habe aber den Eindruck, als ob die Milchprodukte im Preis besonders stark angezogen sind. Und ich bin mit einem Bekannten in seinem Auto mitgefahren, der in den späten Abendstunden ruckartig sein Fahrzeug in eine Tankstelle lenkte, um den Tank voll zu machen. 2,04 Euro pro Liter waren für ihn billig und er tankte für 150 Euro. Vor einem Jahr, so meinte er, hätte er noch 100 Euro bezahlt.
Aber das ist alles nicht so schlimm mit den Preisen, meinte ein anderer Bekannter. Viele Deutsche haben in den letzten Jahrzehnten sehr gut verdient und haben hohe Rücklagen, die sie bei Bedarf nutzen. Wobei auch jetzt das Geld ausreicht, was man monatlich verdient. Man kann eben nur weniger auf die hohe Kante schaufeln – so die optimistischen, sorgenfreien Kommentare.
Eine einfache Frau, die im medizinischen Servicebereich tätig ist, kommentierte, dass die Preise eigentlich nur künstlich angehoben sind. In Wirklichkeit sind die Waren gar nicht teurer geworden. Nur wollen jetzt einige im Handel noch schneller und noch mehr Geld verdienen.
Und Sie, kommen Sie mit Ihrem kleinen Gehalt klar, bei all den Preissteigerungen, fragte ich die Sozialarbeiterin. „Ach, ich bin zufrieden, so schlecht ist mein Gehalt gar nicht. Außerdem habe ich noch einen Mann, der gut verdient. Wir sind zufrieden und können uns nicht beschweren.“
Und wie steht es mit der Russophobie in Deutschland. Bist Du angefeindet worden oder hast irgendetwas in der Art erlebt, gesehen oder gehört – fragte mein Bekannter.
Nein, ich bin nicht angefeindet worden und habe auch nichts dergleichen gesehen oder gehört.
Ich berichtete ihm über ein Gespräch mit einem Bekannten. Ich erwähnte ihm gegenüber, dass ich der Meinung bin, dass bis zum 23. Februar 75 Prozent aller Deutschen russophob eingestellt waren – eben die 75 Prozent, die in den drei westlichen Besatzungszonen leben. Heute, Mitte Oktober, glaube ich, dass 95 Prozent aller Deutschen russophob sind.
Mein Gesprächspartner in Deutschland widersprach mir heftig. Das ist nicht richtig, wir mögen die Russen, ihre Seele, ihre Gastfreundschaft … wir mögen nur nicht diesen Putin.
Im weiteren Gespräch stellte sich heraus, dass mein Gesprächspartner niemals in Russland war. Ich fragte ihn, woher er seine Informationen habe, dass die Russen eine gutmütige Seele haben und Putin ein schlechter Mensch ist. Und ich erfuhr, dass er regelmäßig deutsche Medien schaut und liest. Da er Russisch nicht versteht, hat er also keine Informationsalternativen. Und somit ist mir klar, warum 95 Prozent der Deutschen vielleicht nicht russophob sind, aber trotzdem irgendwie die Russen nicht leiden können.
Ich erinnerte meinen Gesprächspartner am Kaliningrader Kamin an die Äußerungen des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz, der sinngemäß meinte: „Die Russen dürfen nicht siegen.“ Und genau das ist das Dilemma im jetzigen Deutschland. Die Deutschen können immer noch nicht akzeptieren, dass sie, das Herrenvolk, die Arier, vor den wilden asiatischen Horden aus dem Osten am 9. Mai 1945 kapitulieren mussten. Man hat alles unternommen, um diese Schmach zu korrigieren. Vier Jahre nach Kriegsende existierte bereits wieder ein neues Deutschland, 1990 vereinnahmte man die DDR und nötigte die Russen, ihre Kriegsbeute freizugeben, 1994 verlies der letzte russische Soldat deutsches Territorium. Und jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, den Russen den Todesstoß zu versetzen – zumindest meint das der Bundeskanzler Scholz: Die Russen dürfen nicht siegen. Mit anderen, logischen Worten: Die Russen müssen kapitulieren.

Aber wenn die Russen nicht siegen dürfen – wer soll dann siegen? Doch ganz bestimmt nicht die Ukrainer, denn die werden gemeinsam mit den Russen untergehen.
Und stimmt es, dass die Deutschen jetzt in die Wälder gehen, dort Holz sammeln und Bäume fällen, fragte mein bekannter Journalist?
Ja, Deutsche gehen in die Wälder, aber dass sie dort Holz sammeln oder gar Bäume fällen, kann ich nicht glauben. Am 24. Dezember gehen bestimmt einige in den Wald, um dort den Weihnachtsbaum illegal zu schlagen, aber auch nicht mehr. Und selbst wenn man Holz im deutschen Wald klaut, so nützt das gar nichts, wenn man keinen Ofen hat – so meine Antwort.
Also es ist alles Bestens in Deutschland, die Deutschen sind zufrieden und glücklich, keiner hungert, durstet oder friert – wollte mein Bekannter nochmals bestätigt haben.
Ja, antwortete ich meinem Bekannten, genau so sehe ich es. Der Deutsche hat nie wirklich eine Krise, eine ökonomische Krise nach 1949 durchlebt. Man weiß gar nicht, was das ist und ist somit auch nicht in der Lage, sich darauf vorzubereiten.
Willst Du damit sagen, dass der Deutsche nicht so ist, wie wir ihn immer eingeschätzt haben, er nicht im voraus denkt, versucht Probleme rechtzeitig zu erkennen …
Ich unterbrach meinen Gesprächspartner und sagte, dass mir diese Stereotypen über die Deutschen, Pünktlichkeit, Ordnung, Ehrlichkeit, Sauberkeit, Gesetzestreue usw., langsam schon Oberkante Unterlippe sind. Der Deutsche ist im täglichen Leben nicht anders wie der Russe. Allerdings gibt es einen Unterschied – während der Deutsche keine Krise kennt und nicht weiß, wie er mit ihr umgehen soll, kennt der Russe Krisen. Seit 1990 erleben wir diese in regelmäßigen Abständen und wissen damit umzugehen und zu bewältigen. Das ist unser Vorteil im Vergleich zu Deutschland.
Dann wird also Deutschland keine wirkliche Krise durchlaufen, sondern mit seinen Vorräten die jetzige Situation meistern – fragte mein Bekannter?
Nein, antwortete ich. Wenn Russland seine große, weite, weiche Seele einmal vergisst und unterdrückt und den vom Westen erklärten Wirtschaftskrieg bis zum bitteren Ende führt, dann wird dieser Wirtschaftskrieg enden, wie der Krieg am 9. Mai 1945 endete, den Deutschland, zusammen mit seinen europäischen Verbündeten vor 81 Jahren begann. Aber um Elend in Deutschland zu sehen, müssen wir noch ein paar Monate warten.
Sie sahen einen Beitrag von „Baltische Welle“. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, Tschüss und Poka aus Kaliningrad
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Kommentare ( 2 )
A. Bienenfreund
Veröffentlicht: 25. Oktober 2022 18:33 pmAlso Holzklau in den Wäldern hier hat gerade Hochkonjunktur. Aber mehr so LKW-weise - ist halt schlecht zu bewachen und wenn da ein Harvester einen LKW belädt denkt kein Vorbeikommender an Diebstahl .
Bei den 95% will ich nicht streiten, allerdings einschränken auf „den regierungsamtlichen Russenhass mittragen“. Tiefsitzende rassistische Vorurteile gegenüber Russen glaube ich bei etwa der Hälfte meiner Mitinsassen erkennen zu können, da hat die Politik eine verlässliche Basis. Der Rest macht halt was er am besten kann: Mitlaufen, wohin auch immer, in der Hoffnung, diedaoben werden es schon nicht zum Schlimmsten kommen lassen.
Beste Grüße
Bastian Радебергер Radeberger
Veröffentlicht: 25. Oktober 2022 19:48 pmDie Masse wird mit den Preiserhöhungen, mit den "Verbrechen" der Russen, den "ermordeten" Frauen im Iran . . . . usw. am geistigen Gängelband gehalten.
Es gibt aber andere Aktivitäten, die einen schon stutzig machen können. Die Leute sollen sich "Notvorräte für drei Wochen anlegen. So viel Liter Wasser pro Person, so viele Batterien für Taschenlampen, Haushaltskerzen, Streichhölzer, Konserven. Wichtig ein Batterie-Radio ohne Strombetrieb, falls dieser ausfällt. Die Behörden testen real, wie die Verständigung ohne Telefon, Handy geht. Welche Funkgeräte geeignet sind. Alles unter dem Begriff ziviler Notfall. Wozu werden dann aber die Jodtabletten gezählt, wenn die deutschen AKW so sicher sind.
Die Pläne werden überarbeitet und die Kompetenzen klarer abgesteckt.
Das sind keine Einfälle von mir. Man muß nur genauer hinhören, wenn mal wieder so eine Einsatz-Meldung oder ein legendierter Beitrag gesendendet wird.
Es sind legendierte, aber reale Kriegsvorbereitungen.