Russischer General analysiert den „Krieg“ als Bestandsaufnahme aller Mängel

Russischer General analysiert den „Krieg“ als Bestandsaufnahme aller Mängel
 
Generalleutnant Andrej Guruljew, Abgeordneter der russischen Staatsduma, hat in einem Beitrag Sinn und Notwendigkeit des Militäreinsatzes in der Ukraine analysiert. Er kam zu Schlussfolgerungen, denen man nur schwer widersprechen kann.
 
 
Natürlich hat der General nicht über „Krieg“ gesprochen. Als offizielle Persönlichkeit, hält er sich auch an offizielle Formulierungen. Als Blogger habe ich die Freiheit, den Krieg der NATO gegen Russland auch als Krieg zu bezeichnen. Entgegen den Behauptungen deutscher Journalisten, hat man mit mir bisher kein einziges „erzieherisches Gespräch“ geführt und gemeint, ich solle anders sprechen. In meinem Lebenslauf nach 1990 wurde ich nur von deutschen Bürgern aufgefordert, anders zu sprechen – westlicher … also nicht Kaderpolitik sondern Personalpolitik, also nicht Kaliningrad sondern Königsberg. Ich habe mich nicht davon beeindrucken lassen.
 
Aber ich schweife schon wieder vom eigentlichen Thema ab.
 
Das russische Außenministerium informiert, dass Russland seine Tätigkeit im Internationalen Währungsfond fortsetzen werde. Man habe nicht die Absicht, die Mitgliedschaft einzufrieren oder auszutreten. Die Mitgliedschaft ist für Russland einerseits eine Frage des Images und andererseits vorteilhaft. In seinen weiteren Worten lobt der russische Diplomat und stellvertretende Minister Alexander Pankin im Auftrage des Außenministeriums die sehr große und einflussreiche Organisation. Aus ähnlichen Gründen werde Russland auch weiterhin in der Welthandelsorganisation Mitglied bleiben und mitarbeiten. Durch die Staatsduma wurden im März 2022 und Dezember 2022 zwei Gesetzentwürfe erarbeitet, die den Austritt Russlands regeln sollten. Die russische Regierung trat gegen diese beiden Gesetzentwürfe mit scharfer Kritik auf.
 
Der General war in seiner aktiven Zeit Kommandierender der 58. Allgemeinen Armee, einer Armee mit Kampferfahrung in verschiedenen regionalen Konflikten. Der Standort befindet sich im Militärbezirk SÜD, also angrenzend an die Ukraine.
 
General Guruljew meinte, dass es bei der Militäroperation nicht nur darum ging, die bekannten Ziele in der Ukraine umzusetzen. Die Operation zeige eine unglaublich große Anzahl von Problemen und Unzulänglichkeiten im Land, in vielen Bereichen, insbesondere aber im militärischen Bereich. Und die Militäroperation zwinge das Land jetzt, sich intensiv und schnell mit diesen Problemen auseinanderzusetzen und das Leben des Landes und seiner Armee neu zu organisieren.
 
Russland wird den START-3-Vertrag so lange einfrieren, wie die USA und deren Vasallen nicht ihre prinzipielle Politik ändern – erklärte Dmitri Peskow, Pressesprecher des russischen Präsidenten. Die gesamte Konzeption der vertraglichen Regelungen muss geändert werden, sowohl durch die USA, wie auch durch alle anderen Länder. Russland gehe es um eine einheitliche Sicherheit für alle und nicht um eine Sicherheit, wie sie die westlichen Staaten sehen.
 
Das Problem, um ein paar eigene Worte einzubringen, liegt in Russland meiner Meinung nach darin, dass man viele Jahrzehnte nicht wirklich gekämpft hat, wenn wir mal die beiden Tschetschenien-Kriege außer Acht lassen. Es fehlt einfach Kampferfahrung, es fehlen Erfahrungen im Auslandseinsatz. Es fehlen erfahrene Militärs, die man nach dem Kampfeinsatz an die schulischen Einrichtungen, Militärhochschulen, Militärakademien, an die Akademie des Generalstabes entsenden kann. Ich meine, die russische Armee hat vielleicht auch ein Generationsproblem. Die Generation von jetzigen Entscheidungsträgern in der russischen Armee ist eben keine Generation von Drohnen-Operatoren. Aus anderen Veröffentlichungen habe ich verstanden, dass Russland an diesem Problem bereits arbeitet.
 
Der General kommentierte, dass, selbst wenn es das Problem der Ukraine nicht gegeben hätte, hätte die Militäroperation stattfinden müssen, einzig und alleine deshalb, um in der Realität die ganzen Probleme und Versäumnisse zu erkennen, die das Land in der Vergangenheit zugelassen hat. Der General benutzte die Worte „Abszesse“ und „systembedingter Eiter“.
 
Aus dem Donbass treffen erste Meldungen zur Anwesenheit von Leopard-2 Panzern ein. Sie sollen sich im Bereich Bachmut (Artjomowsk) aufhalten. Sollte die Information stimmen, kann es sich nur um Panzer aus polnischen Beständen handeln. Polen hatte informiert, dass die erste Lieferung von Leopar-2 bereits erfolgt ist. Die Organisation „Wagner“ soll spezielle Einsatzgruppen ausbilden, die nur die Aufgabe haben, Leopard-2-Panzer und deren Besatzungen zu vernichten.
 
Vielleicht noch ein paar eigene Worte hierzu. Die Teilmobilmachung – ich hatte dazu einen großen Beitrag veröffentlicht – war, nach meiner Meinung gar keine Teilmobilmachung, um wirklich Soldaten einzuziehen, die an der Front gebraucht werden. Es war eine „Spezialoperation“ um Mängel im System der Mobilmachung aufzudecken … Russland weiß, dass wir erst am Anfang jahrelanger Auseinandersetzungen viel größeren Maßstabes stehen. Und somit wollte man wissen, ob das Mobilmachungssystem funktioniert und ob es überhaupt benötigt wird. Es funktionierte nicht – das wissen wir heute. Gebraucht wird es, aber in völlig anderer Konfiguration. Gebraucht wird eine größere Armee, bestehend aus Berufssoldaten und nur einem kleinen Teil Wehrpflichtiger. Dienen müssen alle jungen Leute – aber vielleicht nicht nur in der Armee. Wir haben den Zivilschutz, wir haben die RosGarde und vielleicht auch noch andere Strukturen. Wer 12 Monate gedient hat – qualitativ gedient und nicht nur Kartoffeln in der Küche geschält hat, wird in ein dreistufiges Mobilmachungssystem versetzt. Im Mobilmachungsfall werden aus der ersten Stufe, in der sich die befinden, die gerade ihren Wehrdienst abgeleistet haben, einberufen. Sie sind die Erfahrenen, haben noch keinen Bauch und sind schnell vollständig zu aktivieren. Nach fünf Jahren in der ersten Mobilmachungsgruppe, wechseln diese in die zweite Gruppe, bleiben dort … Jahre und wechseln dann in die dritte Gruppe, dem sogenannten Volkssturm – um es für Deutsche verständlich zu sagen.
 
Russlands Präsident Putin hat das bereits von der Staatsduma bestätigte Gesetz über das Verbot ausländischer Wörter in der Arbeit von Beamten und staatlicher Dienststellen und Behörden, unterzeichnet. Ausländische Wörter dürfen zukünftig nur noch verwendet werden, wenn es keine russische Alternative gibt. Damit es keine Auslegungswillkür gibt, wird ein Katalog der ausländischen Wörter erarbeitet, die weiterhin in der täglichen Arbeit verwendet werden dürfen, da es keine russischsprachige Alternative gibt.
 
Und es gibt noch weitere, Unmengen von Problemen rund um dieses Thema (Stichwort Mobilmachungsvorräte, „eNSe“ in Russland genannt) … aber das wird jetzt hier zu weit führen …
 
General Guruljew kommentierte völlig richtig, dass die Korrektur aller Probleme ganz bestimmt nicht schnell vonstatten gehen wird. Das ganze System zu säubern und auf völlig neue Gleise zu stellen, erfordert viele Jahre und dies auch völlig unabhängig vom Militäreinsatz in der Ukraine. Aber selbst wenn der Militäreinsatz beendet wird, muss der Prozess mit aller Konsequenz fortgesetzt werden.
 
Russland hat die Konvention über die strafrechtliche Verantwortlichkeit bei Korruption und die Verträge mit dem Europarat denonziert. Entsprechende Entscheidungen wurden vom russischen Präsidenten Putin unterzeichnet und auf der Internetseite des Präsidenten veröffentlicht. Russland ist aus dem Europarat im März 2022 ausgeschieden. Insgesamt sind mit der jetzigen Unterschrift des russischen Präsidenten 21 internationale Verträge gekündigt worden. Hierzu gehört auch der Vertrag über den Schutz der Menschenrechte und der Vertrag zur Verhinderung von Terrorismus.
 
Tja, wer will dem General da widersprechen? Viele, die irgendwie mit der Thematik „russische Armee“ kontaktieren, hier und da mal ein Gespräch führen oder gar Familienmitglieder in der Armee haben, die aufmerksam die kleinen und größeren Beiträge in den russischen Medien lesen, wissen von vielen kleinen, mittleren, großen und riesigen Problemen des täglichen Dienstes. Moderne Technik ist eine Sache, die Organisation des Dienstes ist ebenfalls eine Sache, nicht weniger wichtig.
 
Die Agentur Bloomberg informiert, dass die bisher gegen Russland verhängten Sanktionen im Flugverkehr keinen wirklich ernsthaften Einfluss auf Russland haben. Russland hat seine Flüge in Richtung Thailand, Türkei, VAE, Armenien, Kirgisien und Tadschikistan erheblich ausgeweitet. Pro Tag finden rund 1.100 innerrussische Flüge statt. Insgesamt werden nur 15 % weniger Flüge als vor Verhängung der Sanktionen durchgeführt. Ungeachtet, dass Boeing und Airbus den Wartungsservice für ihre Flugzeuge eingestellt haben, nutzt Russland 467 Flugzeuge dieser Hersteller weiter. Vor Verhängung der Sanktionen befanden sich 544 Flugzeuge dieser Typen im Bestand russischer Fluggesellschaften. Für die Ersatzteilversorgung haben sich bereits Drittstaaten (z.B. Indien) angeboten.
 
Der Militäreinsatz ist ein Test für das Land – meint der Duma-Abgeordnete Guruljew. Das Land wird diesen Test nicht ohne Fehler bestehen. Er fühle sich unwohl – so der General – eine Vielzahl von Schurken zu sehen, die versuchen, im Rahmen der Militäroperation Sabotage zu betreiben. Aber das ist eben der Preis, den Russland zu zahlen hat – so Guruljew.
 
 
Sie sahen einen Beitrag von „Baltische Welle“. Vielen Dank für Ihr Interesse. Tschüss und Poka aus Kaliningrad.
 
Reklame

Kommentare ( 0 )

Um zu kommentieren, müssen Sie sich registrieren oder einloggen.

Autorisierung