Russland – das Land der eingeschränkten Möglichkeiten


Wer sich heute vom realen Leben in Russland überzeugen will, hat es etwas schwieriger, wissend, dass er wahre Informationen nicht aus den staatsgelenkten Medien in Deutschland erhält. Er muss schon nach Russland reisen. Aber auch das ist schwierig, für viele sogar unmöglich. Aber was ist möglich?
„Mich interessiert die Möglichkeit einer Reise in Ihr Land. Was gibt es für Hindernisse, für mich als Tourist zu überwinden“, - fragt mich einer meiner Zuschauer und erinnert sich gerne an die Zeiten, als ich noch auf YouTube aktiv war.
Zu YouTube werde ich nicht mehr zurückkehren – dies ist eine prinzipielle Entscheidung. Ein paar tausend Interessierte schauen jeden Monat, trotzdem es seit Januar keinerlei neue Videos oder andere Informationen mehr gibt, immer noch meine Kanäle. Dieses Interesse und das von YouTube angebotene Geldverdienen, stimuliert mich aber nicht, zu diesem, subjektiv und nicht nachvollziehbar arbeitendem Videoservice, zurückzukehren.
Beginnen wir damit, dass sich in Russland eigentlich nichts geändert hat. Wer uns besuchen will, kann dies problemlos tun. Er beantragt ein Touristenvisum, wie auch schon in der Vergangenheit. Wer dies nicht selber tun will oder kann, beauftragt die Visazentren in Deutschland, die es wie Sand am Meer gibt.
Das Elektronische Visum wird mit großer Sicherheit auch wieder zugeschaltet. So wie ich den russischen Präsidenten Putin vor wenigen Tagen verstanden habe, wird bis Juni 2023 durch alle zuständigen Behörden die Voraussetzungen geschaffen, um visafrei nach Russland einreisen zu können. Wer konkreter Nutznießer der Visafreiheit wird – das ist heute schwer zu sagen. Ich gehe davon aus, dass Russland daran interessiert ist, insbesondere die einfachen Menschen zu bevorteilen, die in den sogenannten „unfreundlichen Staaten“ leben, wo eine besonders aggressive antirussische Politik umgesetzt wird. Gerade diese Menschen sollen einen wahren Eindruck vom russischen Land, seinen Menschen und den Lebensbedingungen erhalten.
An eine komplette Visafreiheit im wahrsten Sinne des Wortes glaube ich allerdings nicht. Deshalb erwähnte ich auch das Elektronische Visum, welches bequem am heimatlichen PC beantragt werden kann. Innerhalb von vier Tagen bekommt man eine Antwort, bzw. die Einreisegenehmigung. Und wenn das Elektronische Visum kostenlos ist, hat der Ausländer gleich noch 50 Euro oder Dollar mehr in der Tasche, die er in Russland in Restaurants, Museen oder Theatern ausgeben kann. Allerdings erhält er für diese 50 Euros heute erheblich weniger Rubel – der Aufenthalt in Russland ist, im Vergleich zum Zeitraum vor Februar 2022 um mindestens 30 Prozent, für Ausländer um mindestens 50 Prozent, teurer geworden.
Da wir gerade beim Geld sind.
Von vielen, die mich kontaktieren, wird die Regelung der EU-Staaten zum Aus- und Einfuhrverbot von EU-Währungen von und nach Russland nicht ernst genommen. Diese Regelung besagt, dass niemand, ich wiederhole „niemand“, EU-Währungen nach Russland einführen oder von dort wieder ausführen darf. Es gibt eine minimale Summe die man mitführen darf … wenn Sie so wollen, Hartgeld für Toilettengebühren. Welche Summe ausgeführt oder eingeführt werden darf, liegt im subjektiven Entscheidungsrahmen des Zöllners, dem sie gerade gegenüberstehen. Sie können Glück haben und kein Zöllner fragt. Sie können aber auch weniger Glück haben …
Und somit steht die Frage, wie sie denn unter solchen Bedingungen Ihren Aufenthalt in Russland bezahlen wollen, denn Ihre Geldkarte, egal von welcher Bank, funktioniert ebenfalls nicht. Legal sehe ich keine Möglichkeit und über illegale Methoden möchte ich mich nicht äußern, weder hier, noch in „vertraulichen“ Gesprächen. Ich gehe auch davon aus, dass die Masse derjenigen, die nach Russland reisen wollen, keine Bekannten in Russland haben, die auch über ein Euro-Konto in Deutschland verfügen, so dass man dort eine Euro-Summe auf das Konto einbezahlt und von seinem Bekannten in Russland die Äquivalentsumme in Rubel ausbezahlt bekommt. Diese Möglichkeit gibt es, sie ist legal, aber wohl nur selten praktikabel.
Eine Möglichkeit ist, wenn Sie z.B. Ihre Euro in die chinesische Währung umtauschen und diese dann in Russland wiederum in Rubel. Ein nicht ganz billiges Vorgehen, aber legal. Andere europäische Währungen für einen derartigen Umtausch sollten Sie genau prüfen, ob diese sich nicht ebenfalls den Sanktionsbestimmungen angeschlossen haben. Und sie müssen sicher sein, dass andere transferfreie Währungen in Russland auch zu vernünftigen Kursen umgetauscht werden.
Ein weiteres Problem, was sie erfolgreich an einer Reise hindert, ist das reine Transportproblem. Die wenigsten unter Ihnen werden wohl Lust und Laune haben, mit ihrem privaten PKW zu fahren, um Moskau, St. Petersburg oder Wladiwostok zu sehen. Die meisten von Ihnen haben ja auch nur vier Wochen Urlaub und Russland ist groß, häufig viel zu groß für ein Auto.
Es bleibt die Möglichkeit, mit dem Zug Berlin-Moskau zu reisen. Auch hier muss man Fan sein und Zeit mitbringen. Er ist zwei Tage unterwegs und Billigtickets gibt es auch nicht. Dafür aber sicher zwei Tage lang russische Impressionen. Dass Sie nach Rückkehr aus Russland ein gefragter Gesprächspartner werden, ist völlig unstrittig – insbesondere unter den aktuellen Bedingungen.
Man kann auch mit dem Flugzeug fliegen. Dies geht aber nicht direkt, sondern nur über Umwege, z.B. die Türkei oder Dubai. Wer genügend Geld und Zeit hat, kann dorthin fliegen und von dort einen Flug nach Moskau oder andere russische Städte buchen. Die Angaben zu den Kosten sind unterschiedlich. Ich habe Bekannte, die meinten, dass sie mit 400 Euro in eine Richtung billig geflogen sind. Andere nannten mir einen vierstelligen Betrag.
Eine weitere Variante wäre, über Russland nach Russland einzureisen.
Hierfür nutzen Sie Kaliningrad als Transitstation. Sie fahren mit Ihrem PKW nach Kaliningrad, was problemlos möglich ist, wenn man die willkürlichen Wartezeiten an den Grenzen, insbesondere auf polnischer Seite ignoriert, parken ihr Fahrzeug in Kaliningrad und fliegen weiter nach Moskau, St. Petersburg und eine ganze Reihe anderer Städte im russischen Mutterland. Der Flugverkehr ist äußerst intensiv, jede Stunde startet mindestens ein Flugzeug, häufig sogar zwei oder drei Flugzeuge nach Moskau und nach St. Petersburg.
Haben Sie keinen PKW, so können Sie mit einem ganz normalen Reisebus von Deutschland nach Warschau oder Gdansk fahren. Flix-Bus bietet hier eine Reihe von Varianten. Von Warschau oder Gdansk gibt es Busse nach Kaliningrad. Die Wartezeit an der Grenze ist wieder subjektiv abhängig von den Grenzkontrollen. Bustickets können über das Internet gekauft werden. Allerdings arbeiten die mir bekannten Portale alle nur in russischer Sprache. Im Gegensatz zu den Friedenszeiten, fahren jetzt wesentlich weniger Busse von und nach Kaliningrad. Konkrete Verbindungen möchte ich nicht nennen, da diese morgen schon wieder nicht aktuell sein können.
Es gibt natürlich auch Busverbindungen zwischen Litauen und Kaliningrad. Hier gilt das Gleiche, wie soeben bereits, zu den Reisemöglichkeiten durch Polen, geschildert.
Eine weitere Möglichkeit ist ein Bus-Taxi. Dieser Service wird von Kaliningrader Firmen angeboten. Kleine Minibusse fahren Sie von Haustür zu Haustür. Sie rufen die Firma an oder schreiben Ihre Wünsche zu den Reisedaten und den Reisezielen. Dann erhalten Sie ein konkretes Angebot. Sie werden von Ihrer Wohnung abgeholt und zum Ziel gebracht. Umgekehrt funktioniert dies ebenfalls. Ein Ticket unter 100 Euro ist unreal. Wer in München wohnt, bezahlt für eine Richtung bestimmt das Doppelte. Der Nachteil ist, dass außer Ihnen noch andere Passagiere mitreisen und Sie lernen somit bei ihrer Reise halb Deutschland kennen, denn alle wollen direkt an der Haustür eingesammelt werden. Somit sind Sie auch mindestens einen ganzen Tag unterwegs.


Zu früheren Zeiten gab es noch die visafreie Einreise nach Russland mit Kreuzfahrtschiffen – in diesem Fall konkret begrenzt auf St. Petersburg. Zukünftig soll diese Visafreiheit für Nutzer von Kreuzfahrtschiffen erheblich ausgeweitet werden. Aber das ist Zukunftsmusik – vielleicht ab Mitte 2023.
Die Unterkunft in Russland ist nach wie vor kein Problem, wenn man rechtzeitig bucht. Da der Binnentourismus in Russland stark anwächst, sollte man nicht in den Trugschluss verfallen, dass die Hotels, bedingt durch fehlende Ausländer, leer stehen. Das ist nicht der Fall, schon gar nicht in Kaliningrad.
Neben Hotels gibt es natürlich auch viele Privatunterkünfte. Allerdings sind viele Vermieter von sogenannten Tageswohnungen nicht bereit, die Ausländer zu registrieren. Man scheut den Aufwand und befürchtet, dann Steuern zahlen zu müssen. Aber es gibt Registrierungspflicht, wenn sich der Ausländer mehr als neun Kalender- oder mehr als sieben Arbeitstage in Russland aufhält. Der Ausländer kann sich nicht selber registrieren. Dass muss die einladende Seite tun bzw. das Hotel oder eben der Vermieter. Unter den jetzigen Bedingungen empfehle ich die strengste Einhaltung der russischen Gesetzgebung. Sollten Sie in einer billigen Privatunterkunft wohnen, sich aber eine Registrierung „kaufen“, z.B. in irgendeinem willigen Hotel und der Migrationsdienst trifft Sie bei einer möglichen Kontrolle nicht an, dann gibt es … seicht formuliert, Fragen. Deren Beantwortung kostet nicht nur Geld, sondern vermutlich auch viel Zeit und könnte mit einer Ausweisung und Einreiseverbot enden.

Zusammengefasst kann man wohl sagen, dass ein Russlandaufenthalt gegenwärtig zum Abenteuerurlaub wird und das Abenteuer beginnt bereits in Deutschland. Organisationstalent und starke Nerven Ihrerseits sind gefragt. Aber dafür können Sie dann nach der Reise viel erzählen und stehen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit – immerhin haben Sie es geschafft in das „Reich des Bösen“, in das „Putin-Reich“ zu fahren und sind auch wieder zurückgekommen – vermutlich gesund, munter, glücklich und … was das Wichtigste ist: viel, viel informierter.
Ich hoffe, Herr M. P. aus Mecklenburg-Vorpommern, ich konnte Ihre Frage beantworten
Sie sahen einen Beitrag von „Baltische Welle“. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, Tschüss und Poka aus Kaliningrad
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Kommentare ( 2 )
Bastian Радебергер Radeberger
Veröffentlicht: 8. November 2022 13:51 pmIch habe den Koffer wieder ausgepackt. Das ist mir zu stressig und mein Goldesel ist auch gestorben. Vielleicht fällt mir noch eine andere Möglichkeit ein.
Uwe Erich Niemeier
Veröffentlicht: 8. November 2022 14:04... gegenwärtig als Tourist nach Russland zu reisen scheint mir wenig interessant zu sein. Man tut sich nichts Gutes damit an. In Russland ist alles normal - die heutige Situation unterscheidet sich in nichts von der vor einem oder zwei Jahren. Aber die "äußeren" Umstände erfordern doch schon ein wenig Abenteuerlust. Ich würde auch auf das zweite Halbjahr 2023 warten ...
Müller-Thurgau
Veröffentlicht: 8. November 2022 18:56 pmVor allem wegen des Geldproblems sehe ich momentan keine realistische Möglichkeit, nach Rußland zu reisen. Wenn man über die Türkei fliegt, könnte man legal wohl 10.000 Euro mitnehmen, aber kann man damit in Rußland überhaupt etwas anfangen?
Der eine oder andere möchte vielleicht nach Rußland auswandern, aber das Geldproblem hätte er trotzdem. Ich habe schon angeregt, daß Rußland dafür ein Hilfsprogramm auflegt. Natürlich nicht für Rentner wie mich, sondern für junge Familien. Viele wären es nicht, aber ein paar würden kommen.
Uwe Erich Niemeier
Veröffentlicht: 8. November 2022 19:05... ich glaube, Russland ist gegenwärtig nicht sehr interessiert "fremde" Übersiedler ins Land zu bekommen. Generell wurde in der Migrationspolitik Russlands vor einigen Jahren gesagt, dass man das Programm der vaterländischen Rückübersiedler weiterführt und man interessiert ist, dass diejenigen nach Russland kommen, die der slawischen Kultur verwandt sind. Also ein Programm für "unzufriedene westliche Ausländer" wird es nicht geben.