Saunagespräch: Kaliningrader Liberalissimus macht sich Sorgen um Deutschland


Gespräche in einer russischen Sauna sind vermutlich zu vergleichen mit Gesprächen an einem deutschen Stammtisch. Während der Russe deutsches Bier kennt, kennen nur wenige Deutsche eine russische Sauna. Ich möchte Sie an den Gesprächen teilhaben lassen, die dort jeden Morgen, mehr oder weniger hitzig, geführt werden.
Einige meiner Leser und Zuschauer haben mich angeschrieben. Sie machten sich Sorgen, weil es keine Berichte mehr aus dem „Informationszentrum Nord“, also der Sauna im Fitnessclub Albatros gibt. Ob mein Abonnement ausgelaufen ist, ob ich krank bin, ob ich die Lust verloren habe oder ob der Club womöglich wegen staatsgefährdender Diskussionen geschlossen wurde – wurde vermutet und angefragt. Nichts von dem trifft zu. Jeden Tag trifft sich ein Kollektiv standhafter Optimisten, Liberallisten und Neutralisten um die Weltereignisse zu analysieren und zu besprechen und die Geschicke Russlands zu lenken. Ich habe nur nicht immer Zeit, über all das zu berichten. Sie, meine lieben Leser und Zuschauer wissen, dass ich Rentner bin. Und insbesondere die exDDR-Bürger wissen: „Rentner haben niemals Zeit.“
Aber nun gab es mal wieder ein heißes Thema – nämlich das deutsche Generalkonsulat. Ich hatte gar nicht erwartet, dass dieses, eigentlich banale Thema, so viel Interesse hervorruft. Ansonsten interessiert sich eigentlich in unserer Runde niemand für die Arbeit dieser deutschen Vertretung.
Auch macht sich niemand wirklich Sorgen darum, wie man denn zukünftig zu einem Deutschland-Visum kommt, wenn das Generalkonsulat wirklich geschlossen werden sollte. Man hat sich schon daran gewöhnt, dass es seit Monaten eigentlich nur noch wenige Möglichkeiten gibt, ein Visum zu erhalten. Somit würde sich faktisch mit der Schließung des historischen Gebäudes in der Telmana 14 nichts ändern. Man macht sich also in unserer kleinen Runde im Informationszentrum Nord keine Sorgen.
Ich konnte noch erzählen, dass ich nach meinem Artikel über die Gerüchte rund um das Generalkonsulat, in emails, in nicht besonders guter deutscher Sprache, ein wenig bedroht wurde. Eigentlich auch nichts Besonderes mehr für mich. Der Erhalt von Drohungen und Beleidigungen ist völlig normal für mich – schon seit Jahren. Einer meiner Leser oder Zuschauer meinte, dass ich wegen Illoyalität die deutsche Staatsbürgerschaft verlieren könnte. Ein anderer schrieb mir, dass ich im Interesse meiner 93jährigen Mutter doch mal darüber nachdenken sollte, mein Engagement für Russland ein wenig zu drosseln.
Aber es gab viel wichtigere Fragen, die meine Sauna-Genossen interessierte. Was wird mit dem Gebäude? Ist es Eigentum Deutschlands oder nur angemietet? Was ist mit dem Grundstück?
Es gab Zeiten, wo ich mich für dieses Gebäude sehr interessiert hatte. Das ist nun aber schon fast 20 Jahre her. Da hatte das Gebäude noch einen anderen Besitzer. Jetzt ist mein Kenntnisstand zu diesem Gebäude doch mehr „zufällig“. Somit konnte ich den anwesenden Schwitzenden mitteilen, dass das Gebäude Eigentum des deutschen Steuerzahlers ist. Zumindest ist es mit deutschen Steuergeldern bezahlt worden. Das Grundstück ist vermutlich nur angemietet, dürfte aber einen besonders geschützten Status haben. Das Kaliningrader Gebiet ist komplett als Grenzgebiet eingestuft und Territorien in Grenzgebieten dürfen nicht an Ausländer verkauft werden.
Eigentlich handelt es sich um deutsches Gebiet – brachte sich unser Liberalissimus in das Gespräch ein. Überall da, wo eine diplomatische Vertretung ist, ist das Grundstück auch ein Stück Erde des Landes. Das ist so international vereinbart – meinte er.
Wir nahmen das alle zur Kenntnis, aber es interessierte nicht wirklich jemanden, wem was gehört.
Viel interessanter war, was denn mit dem Gebäude wird, wenn die Diplomaten es verlassen.
Einer meinte, dass es bestimmt verkauft wird. Was will Deutschland mit so einem Gebäude noch? Der Unterhalt ist teuer, laufende Instandsetzungen, Steuern, kommunale Dienstleistungen, Sicherheitspersonal.
Jemand aus unserer Runde, der sich wohl ein wenig auskannte meinte, dass der Verkauf ein ziemliches Verlustgeschäft werden wird. Das, was es mal gekostet hat und was noch in das Gebäude an Geld reingesteckt wurde um es so herzurichten, wie es jetzt ist, wird nicht mal zur Hälfte wieder reinkommen – zumal es auch jetzt noch bauliche Mängel gibt. Aber, so meinte der Sauna-Gast, das soll dem deutschen Staat egal sein, es sind ja Gelder seiner Steuerzahler. Interessant wird, wenn das Haus verkauft wird, wie der deutsche Staat das Geld nach Deutschland bekommt – wo doch Euro nicht ausgeführt werden dürfen. Und der Verkaufspreis muss ja eigentlich in Rubel bezahlt werden. Niemand wird diese Summe in Euro umtauschen.
Alle in unserer Sauna-Runde bekamen plötzlich einen mitfühlenden Gesichtsausdruck – eine bedauerliche Situation, waren sich alle einig.
Unser Liberalissimus hatte eine völlig andere Idee. Deutschland werde das Gebäude ganz bestimmt nicht verkaufen. Es sei viel zu wertvoll, denn immerhin ist es ein historisches Gebäude und stehe unter Denkmalschutz. Er meinte, dass Deutschland dort einen Second-Hand-Stützpunkt oder, wie es in Kaliningrad richtig heißt, einen „Danke-Shop“ einrichten könnte, um hier Sachen für die ukrainischen Flüchtlinge in Deutschland zu sammeln. Man könnte dieses Gebäude zu einer Art Koordinationszentrum für die „Danke-Shops“ machen.
Foto: Danke-Shop in Kaliningrad
Das zustimmende Nicken aller Anwesenden zeigte, dass man die Idee wohl gar nicht so schlecht fand. Unser Liberalissimus genoss es, dass er mal eine Idee hatte, die nicht kritisiert wurde.

Ein anderer meinte, dass Deutschland das Gebäude konservieren wird, um es nach dem NATO-Sieg in der Ukraine und der Kapitulation Russlands, Moskau als Generalkonsulat im Gebiet Königsberg anzubieten.
Nachdem alle genügend gelacht hatten, kam mir auch ein Gedanke.
Man könnte in dem Gebäude ein Museum der „Modernen deutsch-russischen Geschichte“ einrichten. Es ist nur ein kleines Gebäude in der Telmana 14 und die wenigen deutsch-russischen Gemeinsamkeiten, die kurze moderne deutsch-russische Geschichte seit 1990 findet darin bequem Platz. Über zukünftigen Platz zur Erweiterung der Exposition braucht man wohl in den kommenden Jahren nicht mehr nachzudenken.
Sie sahen einen Beitrag von „Baltische Welle“. Vielen Dank für Ihr Interesse. Tschüss und Poka aus Kaliningrad.
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