Die Vierte Macht macht mächtig in Kaliningrad

Unter Vierter Macht versteht man allgemein die Medien. Das diese mächtig sind – egal in welchem Staat – ist unbestritten. In Deutschland konnte die Vierte Macht einen unschuldigen Bundespräsidenten stürzen und sein Leben zerstören. In Kaliningrad versucht die Vierte Macht auch mächtig zu sein.
Die heutigen Darlegungen sind eigentlich nur eine Art Vorwort zu dem Artikel, den wir morgen veröffentlichen werden und der über einen Angriff der Kaliningrader Oppositionspresse auf die Reputation des Kaliningrader Gouverneurs berichten wird. Gleichzeitig will ich mir aber auch nur einiges von der Seele reden.
(Der Link ist erst am Montag aktiv)
Wir kennen in Kaliningrad die sogenannten Systemmedien und die oppositionellen Medien. Die Systemmedien berichten auch kritisch, jedoch wesentlich zurückhaltender als die oppositionellen Medien. Wobei ich oftmals das Gefühl habe, dass es sich bei den Oppositionsmedien in Kaliningrad gar nicht um Medien handelt, die das Wohlergehen der Bürger im Auge haben und die mit ihrer Arbeit eine positive Entwicklung, frei von Korruption und sonstigem Negativem, erreichen wollen, sondern es sich einfach nur um sensationslüsterne und auf Leserquoten ausgerichtete Unternehmen handelt. Erst vor kurzem hatte ich ein großes Interview mit einem sehr bekannten Chefredakteur eines Oppositionsmediums geführt, der mir erzählte, dass man streng zwischen journalistischer Arbeit und Business trenne – einfach, damit man nicht erpressbar ist. Aber es ist Fakt, dass man nur dann genügend Werbekunden bekommt, wenn man auch gelesen wird und gelesen wird man, wenn man möglichst viel Negatives, Sensationelles berichtet, denn nur eine schlechte Nachricht ist eine gute Nachricht.
Vor wenigen Tagen habe ich mich mit einem deutschen Bekannten getroffen. Der berichtete mir, dass er in einem neuen grusinischen Restaurant in Kaliningrad zu Mittag gegessen habe und sehr zufrieden war. Ich war erstaunt, dass das Restaurant noch existierte, denn erst vor wenigen Wochen hatte ich bei Facebook von einem sehr bekannten Kaliningrader Journalisten eine vernichtende Kritik über dieses Restaurant gelesen und mir gedacht, dass das das Ende des gerade erst eröffneten Restaurants ist. Man kennt diesen Journalisten in Kaliningrad und sein Wort hat Einfluss. Mir ist es also schleierhaft, wie es zu so unterschiedlichen Einschätzungen kommen kann und ich mache mir so meine Blogger-Gedanken: Vielleicht musste er die gemachte Speisenrechnung bezahlen und war es nicht gewohnt, dass er als bekannter Journalist bezahlen muss? Aber das sind natürlich böswillige Vermutungen meinerseits. Fakt ist, dass es Leute in Kaliningrad gibt, die auf diese Masche reisen – eben ihre Vierte Macht nutzen: Und bist du nicht willig so benutze ich die Tastatur … (in Abwandlung eines bekannten Spruchs).
Journalisten und Blogger leben von Informationen. Man kann diese offiziell, in kameradschaftlicher und vertrauensvoller Zusammenarbeit direkt von den Betroffenen erhalten. Man kann sie sich inoffiziell durch Quellen, Zuträger, Spione, Schwätzer besorgen. Man kann sich aber auch selber logische Gedanken machen und dann über Fakten schreiben. Nicht immer sind aber die eigenen Überlegungen auch logisch und richtig. Deshalb ist es schon ein wenig gefährlich, wenn man auf Anfragen von Journalisten oder Bloggern nicht antwortet oder sich verweigert. Manchmal sollte man vielleicht auch nicht warten, bis ein Journalist/Blogger fragt, sondern selber aktiv werden und um ein Interview bitten, um möglichen falschen Informationen vorzubeugen.
Vor ein paar Monaten, am 5. August 2016, hatte ich einen kritischen Artikel über die „Guten Deutschen in Kaliningrad“ veröffentlicht:
Kurz darauf erhielt ich eine email von einem Deutschen, der mich wegen meiner Unsachlichkeit in diesem Artikel kritisierte. Ich nahm es mir zu Herzen und dachte mir, dass man sich ja auch irren kann und setzte mich mit der im Artikel angesprochenen deutschen Organisation in Pinneberg in Verbindung und schlug vor, dass man eine eigene Darstellung schreibt und ich diese ungekürzt und unbearbeitet umgehend veröffentliche. Ich habe bis heute keine Antwort erhalten. Somit lebe ich und die Leser dieses Artikels mit der Meinung, die ich habe und die nicht unbedingt richtig sein muss. Ich nutze meine (Vierte) Macht auf meinem Portal und wer diese Macht mit mir nicht teilen will, der lässt es eben bleiben.
Vor zwei Jahren gab es eine Kampagne in Kaliningrad gegen die Gedenktafel „Agnes Miegel“ in der ul. Koloskowo. In mehreren Artikeln, gemeinsam mit russischen Journalisten, haben wir die staatlichen Organe auf diesen unhaltbaren Zustand aufmerksam gemacht und es ist uns gelungen, das RUSSISCHE gesellschaftliche Bewusstsein wachzurütteln. Die Gedenktafel wurde auf Beschluss der russischen Staatsanwaltschaft entfernt. Die Vierte Macht hat etwas Gutes getan in der russischen Stadt Kaliningrad. Im Gegenzug muss ich mir nun gefallen lassen, dass man mich im deutschsprachigen Internet als „Denunziant“ beschimpft:
Screenshot: Suchergebnisse für „Agnes Miegel Uwe Niemeier“
Ich kann Ihnen leider den Link zum Artikel nicht zur Verfügung stellen, weil dieser wohl gesperrt ist. Aber das ich nicht von allen Lesern geliebt werde, damit kann ich leben. Wie ich auch mit vielfältiger anderer Kritik leben kann, wenn diese denn sachlich ist. Ich schreibe nicht, um allen zu gefallen, ich schreibe um unabhängig mitzuteilen und meine Vierte Macht im Interesse der Stadt und des Landes zu nutzen, in der/dem ich lebe.
Dann kommen wir auf das Deutsch-Russische-Haus in Kaliningrad zu sprechen. Oder sollte ich lieber Russisch-Deutsches-Haus schreiben? Weder das Eine noch das Andere scheint richtig zu sein, denn am Freitagabend wurde durch das Regionalportal „rugrad.eu“ (Oppositionsmedium) eine Information veröffentlicht:
Screenshot: Aufmacher zur Mitteilung des Regionalportals „rugrad.eu“
Es gab genügend Informationen zur Arbeit des Hauses in den letzten zwei Jahren und so war es auch nicht verwunderlich, wenn es endlich zu Änderungen kommt, damit diese russische Kultur- und Bildungseinrichtung wieder ihre eigentlichen Aufgaben ungestört erfüllen kann. Am Wochenanfang, lange vor der Veröffentlichung des Artikels von „rugrad.eu“, setzte ich mich mit dem Haus in Verbindung und erbat Informationen über den Stand der Dinge, denn es schwirrten im Internet und in der Kaliningrader Gesellschaft eine Reihe von Gerüchten, die ich als „Falsch“ einstufte, herum.
Ich erhielt bis heute keine Antwort, bemerkte aber, dass am nächsten Tag, nach meiner Anfrage, zumindest auf der Internetseite des Russisch-Deutschen-Hauses eine Mitteilung erschien, dass man sich reorganisiere.
Na, dachte ich, wenigsten etwas. Damit kann man leben. Und ich informierte meine Leser darüber im Portal-Format „Kaliningrader Tageblatt“.
Dann veröffentlichte die Vierte Macht „rugrad.eu“ Freitag-Nacht den bereits oben zitierten Artikel und bezog sich auf Facebook-Einträge einer Mitarbeiterin des Russisch-Deutschen-Hauses. Ich kenne diese Mitarbeiterin viele Jahre, eine liebe, nette Frau mit einem Lebensinhalt der aus Kultur besteht. Voller Emotionen verbreitet sie sich in einer Art, die dem Haus und der Sache nicht hilfreich ist – meine ich. Sie spricht von Anschuldigungen, dass das Haus der Spionage verdächtigt wird, vermutet Grundstücksspekulationen usw. In Windeseile verbreitet sich nun diese Nachricht im Netz und nimmt Fahrt auf.

Am Samstag schlugen die Wellen bei Facebook zu diesem Thema hoch. Diskutiert wurde auf dem Account der Mitarbeiterin des Hauses. Interessant, wer sich dort alles zu Wort meldet und mit welchen Argumenten. Ich habe den Eindruck gewonnen, als ob selbst Mitarbeiter des Hauses nicht wissen, was sich alles in diesem Haus abgespielt hat. Schade, denn selbst wenn die Führung des Hauses nicht alles erzählt, so waren die Vorgänge im Hause öffentlich und das was nicht öffentlich zu sehen war, wurde durch die Vierte Macht ausreichend veröffentlicht. Man muss eben nur ab und zu mal auch die Systemmedien lesen und nicht nur die Oppositionspresse.
Und nun zum Schluss noch eine kleine Einstimmung auf die Vierte Macht in Kaliningrad, die den Gouverneur Anton Andrejewitsch Alichanow beschuldigt, seine Dissertation mit niedrigen qualitativen Ansprüchen und mit Plagiaten geschrieben zu haben.
Der Gouverneur war im Ausland und konnte sich nicht wehren. Der Artikel wurde in der Nacht veröffentlicht – völlig ungewöhnlich für „rugrad.eu“, denen bei Veröffentlichungen eigentlich die Zeit nach 20.00 Uhr und das Wochenende heilig ist. Man hat also bewusst Tag und Uhrzeit gewählt, um mit der geballten Macht der Vierten Macht die Reputation des Gouverneurs anzugreifen. Das man im geheimen erstmal Nachforschungen anstellen muss ist klar. Das gestehe ich der Vierten Macht zu – ich mache dies auch so. Wenn ich dann aber Erkenntnisse habe, suche ich zuerst das Gespräch, denn es könnten sich bei den Fakten doch Fehler eingeschlichen haben. Bekomme ich das Gespräch, kann ich die Ergebnisse in meine Veröffentlichungen einfließen lassen. Bekomme ich das Gespräch nicht, dann bin ich moralisch frei in meiner Berichterstattung – oder?
Es erfolgte kein Gespräch mit dem Gouverneur durch „rugrad.eu“ und dieses Portal missbraucht, nach meiner Moralauffassung, seine Macht als Vierte Macht, um den Gouverneur, der zu diesem Zeitpunkt wehrlos war, öffentlich zu diskreditieren. Eine „Quelle“ aus dem unmittelbaren Umfeld des Gouverneurs schrieb mir in der Nacht zum Samstag:
Und so haben wir, um langsam zum Schluss zu kommen, alle unsere Verantwortung und sollten bei der Wahrnehmung dieser Verantwortung den Begriff „Moral“ über alles stellen. Vielleicht sollte man doch besser unterscheiden zwischen „Vierte moralische Macht“ und „Schreiberling“
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Kommentare ( 5 )
A. Bienenfreund
Veröffentlicht: 28. Januar 2017 23:35 pmHoho, Informationskrieg in Kaliningrad! Der Filz-Pilz aus Gusew hat seine Schwere Artellerie "rugrad" neu geladen und versucht den Gouverneur anzuschiessen.
Irgendwie scheint der den richtigen Leuten auf die Füsse zu treten.
Uwe Erich Niemeier
Veröffentlicht: 28. Januar 2017 23:49... rugrad ist kein Medium des ehemaligen Gouverneurs. Ganz im Gegenteil,,denn rugrad hat die meisten Verfehlungen von Zukanow aufgedeckt ...
ru-moto
Veröffentlicht: 29. Januar 2017 01:31 pm[Verleger und Herausgeber der New York Times, John Swinton, 1880]:
"... es ist das Geschäft der Journalisten, die Wahrheit zu zerstören, unumwunden zu lügen, zu pervertieren, zu verleumden, die Füße des Mammon zu lecken und das Land zu verkaufen für ihr tägliches Brot. Sie wissen es, und ich weiß, was es für eine Verrücktheit ist, auf eine unabhängige Presse anzustoßen.
“Wir sind die Werkzeuge und Vasallen der reichen Männer hinter der Szene. Wir sind die Hampelmänner, sie ziehen die Strippen und wir tanzen. Unsere Talente, unsere Fähigkeiten und unser ganzes Leben sind Eigentum anderer Menschen. Wir sind intellektuelle Prostituierte.”
[Herausgeber der FAZ, Paul Sethe, 1965]:
"Pressefreiheit ist die Freiheit von 200 reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten."
ru-moto
Veröffentlicht: 29. Januar 2017 02:18 pmRückkehr zum Verunglimpfungsmodus?
Statt einzubinden, wird ausgeschlossen, statt den Diskurs zu fördern, wird wieder diskriminiert. Die Medien, die Mächtigen und das Establishment wissen im postfaktischen Zeitalter längst, dass es reicht, etwas zu behaupten, das so oft wie möglich zu wiederholen und dadurch zum "Fakt" werden zu lassen, auch wenn es sich um reine Erfindungen und pure Lügen handelt.
Es ist der Gegensatz zu den Prinzipien der Aufklärung, ein Denken und Handeln, bei dem Fakten, und somit die Wahrheit, nicht mehr entscheidend sind. Statt aus Fakten Schlussfolgerungen zu ziehen und dafür Verantwortung zu übernehmen, wird gelogen, betrogen und manipuliert. Die wirkliche Wahrheit scheint nicht Jedem angenehm zu sein, deshalb knüppelt man wieder vermehrt alles und jeden, der es wagt, mit Wahrheit aufzuklären und sachlich zu informieren.
Bastian Радебергер Radeberger
Veröffentlicht: 29. Januar 2017 04:11 pmEs ist schon eine Weile her, da las ich einen sehr interessanten Artikel. In dem wurde eine Vorgehensweise beschrieben, die eigentlich zu den jetzigen Verhaltensweisen einiger Mitglieder der "Vierten Macht " einen Sinn geben.
Uwe hatte vor einiger Zeit darüber gewundert, daß er über aggressive veröffentlichte Meinungen von Medien erstaunt war, die ansonsten zwar kritisch aber ziemlich real sich äußerten. Und nun anfingen, wie Dreckschleudern mit Unrat um sich zu schmeissen.
Und nun zu dem von mir gelesenen Artikel. Dabei handelte es sich um die viel gescholtenen NGOs, vor allem aus einer Richtung des Auslandes, die sich nicht überregionale, sondern in ihrem Wirkungskreis begrenzte, aber dort wirksame Medien heraus suchten. Diesen wurden ( wie von dem Wolf, der Kreide gefressen hat) hohe Kredite zu unheimlich guten Konditionen angeboten, damit sie oftmals die sehr antiquierte Technik durch moderne ersetzen können.
Es gab dabei natürlich auch richtiggehende Verträge über Rückzahlungen und Kündigungen von beiden Seiten und den dafür möglichen Anlässen bzw. Gründen.
Nach Abschluß der Verträge und dem Kauf der Technik, also Geld alle, nahmen dann auf einmal die NGO entgegen den Vereinbarungen Einfluß auf die redaktionelle Arbeit und gaben Zielrichtungen der Veröffentlichungen vor. Wer sich weigerte, dem wurde die sofortige Kündigung des Kredits angedroht.
Was sollte die Redaktion machen? Gehorchen oder in die Pleite gehen?
Und nun braucht man nur noch die Frage stellen, wem der Gouverneur Alichanow im Wege steht. Wem diese ganz offensichtlich positiven Wirkungen seiner Arbeit nicht passen?
Alichanows Wirken in Kaliningrad macht ganz offensichtlich langjährige Bemühungen um eine Destabilisierung der Oblast zunichte. Der junge Mann hält offensichtlich keine langen Absichtsreden, was er machen will. Er macht es einfach und zieht das durch. So ein Mann ist natürlich für bestimmte Kreise gefährlich. Also muß er diskreditiert und verleumdet werden. Man muß seine Wahl, die ja in einigen Monaten ansteht, verhindern.
Da kann man nur noch hoffen, daß es auch andere Kräfte gibt, die dieses miese Spiel verhindern.
Bastian Радебергер Radeberger
Veröffentlicht: 29. Januar 2017 14:19 pmkgd .ru
Veröffentlicht: 29. Januar 2017 01:31:59
Danke für die Zitate!
Daran hat sich bis heute zum Positiven nichts geändert. Im Gegenteil! Es ist noch viel schlimmer geworden. Die Einflußmöglichkeiten sind viel größer und die Lügen viel dickfälliger. Und die Eigentümer der "Weltmedien", wie sich auch gern bezeichnen, gehören nur noch einer Handvoll Milliardären.
Ganz offensichtlich greifen diese Herrschaften, die andere gern als Rechtsradikale oder gar Nazis nennen auf ihre verhängnisvollen Vorbilder zurück.
„Wenn man einmal lügt, dann sollte man dabei bleiben“, sagte Joseph Goebbels einst.
Und dem dicken Göring wird zugeschrieben: „Wer ein Lügner ist bestimme ich“.