Zuerst denken, dann reden – empfiehlt der Chef-Deutsche in Russland

Am Dienstag fand ein Treffen des Bevollmächtigten Vertreters des russischen Präsidenten in Kaliningrad mit dem Präsidenten der Föderalen Nationalkultur der autonomen Russlanddeutschen in Kaliningrad statt. Grund des Treffens ist die Schaffung einer neuen Vertretung der Russlanddeutschen im Kaliningrader Gebiet.
Heinrich Martens, Vertreter der Russlanddeutschen in Russland, traf sich am Dienstag nicht nur mit Michael Wedernikow, dem Vertreter des russischen Präsidenten in Kaliningrad, sondern gab einer Reihe von Kaliningrader Medien Interviews und damit auch den Startschuss für einen Neuanfang der Russlanddeutschen im Kaliningrader Gebiet.


Der Neustart der Russlanddeutschen im Kaliningrader Gebiet machte sich erforderlich, nachdem es in den letzten Jahren zu einer ganzen Reihe von Zwischenfällen gekommen ist und das ehemalige Deutsch-Russische-Haus, sowie die Organisation der Russlanddeutschen „Eintracht“ und dessen Präsident Viktor Hoffmann sich immer mehr ins gesellschaftliche „AUS“ manövriert hatten. Nach dem Auftritt der Organisation „BARS“ (Baltischer Vortrupp für die Organisation des russischen Widerstandes) Ende Oktober 2016 im Deutsch-Russischen-Haus, schlugen die Wellen der gesellschaftlichen Empörung haushoch über die Organisation zusammen und das deutsche Innenministerium entschloss sich – nach Informationen russischer Quellen – die Finanzierung der Kaliningrader Organisation einzustellen.
Martens erklärte nun, dass die neue Organisation bereits am 10. April gegründet wurde. Diese Organisation wird sich nicht mit Politik beschäftigen. Wer sich mit Politik beschäftigen will, kann dies im Rahmen einer Partei tun, die es in Russland zahlreich gibt, oder eine neue Partei gründen.
Die neue Organisation wird sich mit deutschen Sprachkursen beschäftigen, verschiedene Zirkel gründen, Seminare und kulturelle Veranstaltungen durchführen.
Martens informierte weiter über einige Interna aus der Vergangenheit und warum es zu der Situation gekommen ist, die gegenwärtig die Kaliningrader Gesellschaft beunruhigt. Die russischen staatlichen Organe waren im Rahmen mehrerer Untersuchungen zu dem Schluss gekommen, dass die Tätigkeit der bisherigen Organisation der Russlanddeutschen im Kaliningrader Gebiet der Popularisierung der nazistischen Ideologie dient. Dafür hat die Organisation auch noch Gelder aus dem deutschen Innenministerium erhalten. Ein Schlüsselmoment in der negativen Arbeit des Hauses war der Auftritt des deutschen Diplomaten Daniel Lissner im August 2014 mit einer antirussischen Hetzrede. Der Diplomat wurde danach aus Kaliningrad abgezogen und nach Kiew versetzt.
Martens erinnerte weiter daran, dass er mit dem ehemaligen Präsidenten der Organisation der Russlanddeutschen Viktor Hoffmann bereits vor fünf Jahren ein Gespräch hatte und ihn gebeten habe, mit besonderem Fingerspitzengefühl in Kaliningrad zu agieren. Es war ein rein freundschaftlicher Hinweis, obwohl die Kaliningrader Organisation der Russlanddeutschen immer eine Zusammenarbeit mit der Organisation der Russlanddeutschen im russischen Mutterland abgelehnt habe und auf seiner Autonomie beharrte. Man gab ihm die Antwort, dass Kaliningrad selber wisse, wie man zu arbeiten habe.

Angesprochen auf die „Germanisierung des Kaliningrader Gebietes“ informierte Martens, dass ihm diese Thematik bekannt ist, aber er nicht weiß, wie er darauf reagieren soll. Die Russlanddeutschen sind an keiner Germanisierung interessiert sondern arbeiten ausschließlich auf der Grundlage der russischen Gesetzgebung. Man kenne nur eine allgemeingültige gesellschaftliche Identität in Russland.
Wie die Informationsagentur „REGNUM“ weiter mitteilt, vertrat Martens die Ansicht, dass die Krise der Russlanddeutschen im Kaliningrader Gebiet nicht das Ergebnis äußerer Einmischung ist. Die Krise ist hausgemacht und alleine Angelegenheit der Russischen Föderation.
Auf die Frage von Journalisten, ob die neue Organisation der Russlanddeutschen mit der ehemaligen Organisation „Eintracht“ zusammenarbeiten werde, antwortete Martens:
Anscheinend hat auch die deutsche Seite erkannt, dass die Arbeit des Deutsch-Russischen-Hauses in Kaliningrad nicht den Kriterien entsprach, wie man sie selber bei der Gründung in den 90er Jahren formuliert habe. Deshalb habe man auch vor rund einem halben Jahr alle Finanzierungen eingestellt – informierte Heinrich Martens.
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